Pastor Christian Olding über das Sonntagsevangelium

Geh allein, geh gleich: Eine Anleitung zur Versöhnung

Veröffentlicht am 09.09.2023 um 11:25 Uhr – Lesedauer: 
Ausgelegt!

Geldern ‐ So schnell ist im Streit ein böses Wort gefallen und so lange dauert es, bis diese Wunde heilt. Aber wie können wir Versöhnung angehen? Pastor Christian Olding findet eine Anleitung zur produktiven Konfliktbewältigung im heutigen Evangelium.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Es gibt Verletzungen, die heilen müssen und angegangen werden wollen. Solche Situationen widerfahren uns allen früher oder später. Sie haben z.B. jemanden etwas anvertraut und innerhalb von 24 Stunden wissen Menschen davon, die es nicht sollten. Die Vertrauensperson hat es ausgeplaudert! Ich fühle mich bloßgestellt und zutiefst verletzt.

So verständlich der Wunsch auch ist, dass Menschen, die uns verletzt haben, irgendwie dafür bezahlen sollen. So führt dieses Verlangen allein nie zu Frieden in unseren Beziehungen. Einen gangbaren Weg sehe ich in Jesu Anleitung heute:

1. Geh
Wenn es ein zwischenmenschliches Problem gibt, ist es ganz egal, wer es verursacht hat. Sie sollen hingehen. Machen Sie den ersten Schritt!

2. Geh allein
Halten Sie vorher keine Teambesprechung ab. Rufen Sie nicht erst Ihre Freunde an und erzählen Sie ihnen: "Wisst ihr, was XY getan hat?"

3. Geh gleich
Stehen Sie auf und verlassen Sie den Gottesdienst (Mt 5,23-26), sagt Jesus. Zwängen Sie sich an den anderen Personen in Ihrer Reihe vorbei. Die Nacht drüber schlafen ist in Ordnung. Aber geben Sie Ihrem Kopfkino nicht die Chance, sich in dem widerfahrenen Unrecht zu ergehen und die Opferrolle bis zum Exzess aufzubauen. Das macht es umso schwerer aufzubrechen.

4. Geh hin, um dich zu versöhnen
Mit seiner Anweisung, allein zu jemandem hinzugehen, der uns verletzte, hat Jesus ein bestimmtes Ziel im Sinn: Versöhnung!

Haben Sie schon einmal erlebt, dass jemand mit Ihnen über ein Problem spricht, und Sie haben genau gemerkt, dass der Betreffende sich eigentlich nur an Ihnen austoben will? Das will Jesus nicht. Gehen Sie in der Haltung hin, dass Sie einander besser verstehen werden, wenn Sie darüber sprechen und Ihr Miteinander dadurch gewinnt.

5. Lass los
Manchmal haben Sie vielleicht alles unternommen, aber der andere will sich nicht versöhnen. Er verharrt in der Haltung, "Ich will das nicht in Ordnung bringen." Was sollen Sie dann tun? Müssen Sie sich dann für immer mit dieser zerbrochenen Beziehung belasten? Nein.

Der Apostel Paulus hat in seinen Brief an die Gemeinde in Rom einen wunderbaren Vers eingefügt, bei dem es genau darum geht: "Soweit es irgend möglich ist und von euch abhängt, lebt mit allen Menschen in Frieden." (Röm 12,18)

Sie haben die Reaktion anderer Menschen nicht in der Hand. Wenn die Beziehung trotz Ihrer aufrichtigsten Bemühungen nicht wiederhergestellt werden kann, dann lassen Sie sie hinter sich. Lassen Sie los. Sie sind frei.

Aus dem Evangelium nach Matthäus (Mt 18,15–20)

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht! Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen.

Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei mit dir, damit die ganze Sache durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werde. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde! Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.

Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein. Weiter sage ich euch: Was auch immer zwei von euch auf Erden einmütig erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten.

Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind,
da bin ich mitten unter ihnen.

Der Autor

Christian Olding ist Pastor in der Pfarrei St. Maria Magdalena in Geldern.

Ausgelegt!

Katholisch.de nimmt den Sonntag stärker in den Blick: Um sich auf die Messe vorzubereiten oder zur Nachbereitung bieten wir jeden Sonntag den jeweiligen Evangelientext und einen kurzen Impuls an. Die Impulse stammen von Ordensleuten und Priestern.