Jean Cesar Scarcella sichert Sonderermittler des Vatikan "volle Kooperation" zu

Schweizer Abt lässt nach Belästigungsvorwürfen Amt ruhen

Veröffentlicht am 13.09.2023 um 11:48 Uhr – Lesedauer: 

Zürich ‐ Jean Cesar Scarcella ist als Abt der Territorialabtei Saint-Maurice in der Schweiz Mitglied der Bischofskonferenz des Landes – und lässt nun sein Amt ruhen. Denn gegen den Kirchenmann wird wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung ermittelt.

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Wegen Vorwürfen sexueller Übergriffe lässt ein hochrangiger katholischer Geistlicher in der Schweiz sein Amt vorläufig ruhen. Wie das Portal kath.ch am Mittwoch berichtet, will Jean Cesar Scarcella, Leiter der Abtei Saint-Maurice im Kanton Wallis, so die Unabhängigkeit einer entsprechenden kirchlichen Voruntersuchung sicherstellen. Einem vom Vatikan eingesetzten Sonderermittler, dem Churer Bischof Joseph Bonnemain, sicherte Scarcella seine "volle Kooperation" zu.

Dem 71-Jährigen, einem Mitglied der Schweizer Bischofskonferenz, wird laut einem Bericht der Zeitung "Sonntagsblick" vorgeworfen, einen Jugendlichen sexuell belästigt zu haben. Das mutmaßliche Opfer soll sich den Angaben zufolge mit einem Brief an Papst Franziskus gewandt haben. Auch bei der Schweizer Polizei wurde demnach Anzeige gegen Scarcella erstattet.

Vatikan ermittelt gegen mehrere Schweizer Bischöfe

Wie bereits am Wochenende bekannt wurde, ermittelt der Vatikan derzeit gegen mehrere amtierende und emeritierte Schweizer Bischöfe sowie weitere Kleriker wegen des Umgangs mit sexuellem Missbrauch. Den Geistlichen wird in der Hauptsache Vertuschung von Missbrauchsfällen vorgeworfen; gegen einzelne Beschuldigte steht der Vorwurf im Raum, selbst sexuelle Übergriffe begangen zu haben. Im Juni leitete die vatikanische Bischofsbehörde auf Initiative der päpstlichen Nuntiatur in der Schweiz eine kirchenrechtliche Voruntersuchung ein und setzte Bischof Bonnemain als Untersuchungsleiter ein. Für alle Beschuldigten gilt einstweilen die Unschuldsvermutung. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen bis Jahresende vorliegen.

Eine am Dienstag veröffentlichte Studie der Universität Zürich im Auftrag der Kirche ermittelte mindestens 921 Opfer sexuellen Missbrauch im Umfeld der katholischen Kirche der Schweiz.  Identifiziert wurden seit Mitte des 20. Jahrhunderts 1.002 Fälle und 510 Beschuldigte. Die Verfasser der Studie sehen darin jedoch nur "die Spitze des Eisbergs". So konnten zahlreiche Aktenbestände, etwa von katholischen Schulen und Heimen, noch nicht ausgewertet werden.

Die Abtei Saint-Maurice ist ein Kloster der Augustiner-Chorherren im Schweizer Kanton Wallis. Sie gilt als ältestes ohne Unterbrechung bestehendes Kloster des Abendlandes. Als Territorialabtei ist das Kloster und ein zu ihm gehörendes Gebiet von fast 100 Kilometern einem Bistum gleichgestellt. Die Vorsteher von Territorialabteien gehören durch ihr Amt der jeweiligen Bischofskonferenz an, obwohl sie in der Regel nicht zu Bischöfen geweiht sind. In der Schweizer Bischofskonferenz ist neben dem Abt von Saint-Maurice auch der Abt der Territorialabtei Einsiedeln vertreten. Weltweit gibt es derzeit noch elf Territorialabteien, davon keine in Deutschland. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde die Anzahl dieser besonderen Form der Teilkirche immer weiter reduziert, um Ordens- und Diözesanangelegenheiten zu entflechten. (fxn/KNA)