Die katholische Kirche könnte ihr Arbeitsrecht bald lockern

Neue Lockerheit in Trier

Veröffentlicht am 26.04.2015 um 00:00 Uhr – Von Michael Merten (KNA) – Lesedauer: 
Teilnehmer der Trierer Synode diskutieren auf einem Podium.
Bild: © KNA
Bistum Trier

Trier ‐ Beim Themenforum "Sexualität.Leben" hat Bischof Stephan Ackermann mit seinen Diözesanen über ein heikles Thema diskutiert. In unerwartet entspannter Atmosphäre.

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Heiter, entspannt - das sind Gefühlsbeschreibungen, die so gar nicht mit dem Bild von Leiblichkeit übereinstimmen, das die katholische Sexualmoral traditionell zeichnete. Da war viel von Sünde die Rede, Geschlechtsverkehr galt etwas Unreines, ein notwendiges Übel. Oder wie es der Mainzer Moraltheologe Stephan Goertz ausdrückt: "Gelebte Sexualität wurde nur zur Fortpflanzung im geordneten Rahmen der Ehe geduldet." Goertz ist einer von vielen Rednern, die Reformen anstoßen wollen. Und die eine erstaunliche Lockerheit in Sachen Sex an den Tag legen.

Bischof Stephan Ackermann
Bild: ©KNA

Seit Dezember 2013 diskutierte der Trier Bischof Stephan Ackermann mit seinen Diözesanen bei den Zusammenkünften der Bistumssynode.

Wie offen beim Trierer Themenforum "Sexualität.Leben", einer Veranstaltung aus Anlass der Bistumssynode, diskutiert wird, veranschaulicht ein Beitrag der Münsteraner Ordensfrau Katharina Kluitmann. Sexualität, betont sie, ist mehr als Genitalität, Ekstase, Lust und Erregung. Es ist auch Verletzlichkeit, auch Erotik, und vor allem: Es ist Identität. Ackermann ergänzt: "Jeder hat ganz biografische Ansätze bei dem Thema, es betrifft jeden von uns." Sexualität geht deshalb auch zölibatär lebende Menschen etwas an

Kritik am Umgang mit Homosexuellen

Die rund 150 Teilnehmer des Forums haben keine Berührungsängste mit dem Thema. Ein Mann meldet sich zu Wort, in dessen Kirchengemeinde ein homosexuelles Paar lebe, das sehr angesehen sei - auch bei den Gläubigen. "Aber da passt es nicht ins Bild, dass einer Kita-Mitarbeiterin wegen ihrer homosexuellen Lebensweise gekündigt wird oder der Vatikan einen Botschafter ablehnt, weil er offen homosexuell ist", kritisiert er aktuelle Vorfälle. Andere bemängeln, dass Kirchenmitarbeiter Angst davor hätten, sich frei zu Themen wie Verhütung zu äußern.

Die Moraltheologin Sigrid Müller moniert das Festhalten an veralteten Norm- und Wertvorstellungen. Die Kirche solle weniger über Sünde sprechen, sondern vielmehr positive Botschaften formulieren. Schließlich seien die Grundprinzipien keinesfalls veraltet - die meisten Menschen wollten Respekt in Beziehungen, wollten dauerhafte, treue Bindungen.

Ackermann: Die Kirche kann Angebote machen

Auch Bischof Ackermann stößt in diese Richtung: "Grundwerte der Treue und Verlässlichkeit sind Jugendlichen sehr wichtig", erklärt er und plädiert dafür, wieder stärker auf die Menschen zuzugehen. Denn obwohl selbst viele Gläubige die offizielle Sexualmoral ablehnten, könne die Kirche mit ihrem reichen Erfahrungsschatz den Menschen Lebensangebote machen. Gleichwohl gibt Ackermann zu, dass Viele unter der Enge der katholischen Moral litten. Der Bischof warnt zugleich vor zu großen Erwartungen an Reformen.

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Video: © katholisch.de

Ein Tag voll positiver Aufregung: Am 13. Dezember 2013 wurde die Diözesansynode in Trier eröffnet.

Trotz aller positiver Grundstimmung - ein Ortsbischof hat keine Entscheidungsbefugnisse über Fragen der Lehre. Er könne nur den Weg des Papstes unterstützen, der den Weg zu Veränderungen bereitet habe, sagt Ackermann. Aus seiner Sicht gibt es heute einen viel offeneren Umgang mit Sexualität und gleichgeschlechtlicher Liebe. "Ob es vor zehn Jahren so möglich gewesen wäre, diese Dinge so offen anzusprechen - da mache ich mal ein Fragezeichen", sagt er.

Keine Neuausrichtung der Kirche

Das Bistum Trier, dessen sind sich alle Teilnehmer des Forums bewusst, wird mit seiner Diözesansynode keine Neuausrichtung der Kirche schaffen. Dennoch ist der Bischof positiv gestimmt. Um den Weg, den Franziskus geht, zu begleiten, könne er den Raum für solche Gespräche schaffen. "Und auch auf Bistumsebene kann man durchaus konkret etwas vorantreiben", sagt Ackermann.

Das bedeutet: Weiter das Gespräch mit Homosexuellenverbänden und anderen Gruppen suchen. Neue Angebote der Lebensberatung und Pädagogik schaffen, den Mitarbeitern Freiräume geben. Ob aus Rom künftig Rücken- oder Gegenwind kommt: Die Debatte lässt sich nicht mehr aufhalten. Die Trierer Lockerheit in Sachen Sex, sie könnte Schule machen.

Von Michael Merten (KNA)