Synodalität: Wir müssen das Zuhören wieder lernen
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Gefühlt findet sich zurzeit täglich mindestens ein Schreiben zur "Hörgesundheit" und ein eindringlicher Aufruf, die Hörfähigkeit überprüfen zu lassen, im Briefkasten. Anlässlich des mittlerweile 14. Welttages des Hörens am 3. März 2024 klärt eine Initiative der Weltgesundheitsorganisation und der bundesweiten Initiative Hörgesundheit in Deutschland darüber auf, dass eine unbemerkt schleichende Hörminderung Auswirkungen auf das Gehirn hat und dieses mit der Zeit verlernt, bestimmte Töne zu erkennen. Demnach sei ein kostenloser Hörtest als Vorsorgeuntersuchung äußerst wichtig und diene der Förderung der Lebensqualität. Dem ist nur zuzustimmen.
Der Begriff "Hören" ist – die Theologin fühlt sich angesprochen – tatsächlich so bedeutsam, dass er sich sogar in theologischen Lexika findet. Hören ist danach sowohl eine sinnliche Wahrnehmung als auch ein wichtiges anthropologisches Element menschlicher Erkenntnis. Prophet*innen beklagen die Unfähigkeit ihrer Zeitgenoss*innen zu hören und dass diese damit verlernen, das Zusammenleben der Menschen gerecht zu gestalten und die göttliche Botschaft zu verstehen. Papst Franziskus betont immer wieder, wie wichtig im synodalen Aufbruch das Hören aufeinander und auf Gottes Wort sei: "Synodalität setzt das Zuhören voraus: Wir müssen das Zuhören in der Kirche entwickeln. Auf diese Weise zeigt Gott uns den Weg, dem wir folgen sollen, indem er uns aus unseren Gewohnheiten herausführt und uns auffordert, neue Wege zu gehen wie Abraham. Wir müssen Gott zuhören, wenn er zu uns spricht, und dürfen ihn nicht nur abgelenkt hören."
Menschen, die den deutschen synodalen Weg gegangen sind oder im letzten Oktober Erfahrungen bei der Weltsynode in Rom gesammelt haben, erzählen von Wahrnehmungen und Erkenntnissen, die sie aus dem (Zu-)Hören gewonnen haben. Aber auch, wie zwingend notwendig es sei, das Gehör einmal zu überprüfen und zu schulen. Mit welchem erkenntnisleitenden Interesse wird (zu-)gehört? Werden auch leise, fremd oder gar falsch anmutende Töne wahrgenommen und wirklich gehört? Oder hat sich die von Prophet*innen beklagte Unfähigkeit zu hören eingeschlichen? Manch aktuelle Debatte und Auseinandersetzung lassen darauf schließen. Um die Qualität synodaler Prozesse und die des Miteinanders in unserer Kirche zu steigern, braucht es eine weltweite Initiative zur Überprüfung und Förderung der kirchlichen Hörgesundheit.
Die Autorin
Agnes Wuckelt ist emeritierte Professorin für Praktische Theologie und stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd).
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.