Reform bei Uni-Arbeitsverträgen: Theologie-Mittelbau protestiert
Die Interessenvertretungen des akademischen Mittelbaus in katholischer und evangelischer Theologie halten die geplanten Reformen bei befristeten Arbeitsverträgen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nach wie vor für ungenügend. Der Gesetzesentwurf des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG), der in den kommenden Wochen vom Bundeskabinett verabschiedet werden soll, leiste weiterhin nicht, was er soll, teilten die Bundeskonferenz des Akademischen Mittelbaus der Katholischen Theologie (BAM) und die Interessenvertretung des wissenschaftlichen Mittelbaus an evangelischen Fakultäten und Instituten (IVWM) auf Anfrage von katholisch.de mit. Die zulässige Höchstbefristung soll im Vergleich zur aktuellen Lage weiter von sechs auf vier Jahre verkürzt werden. "Wenn die Vertragslaufzeiten im klassischen Qualifizierungsverfahren gekürzt werden, geht dies in die völlig falsche Richtung. Für die meisten Betroffenen ist eine akademische Karriere dann keine Option mehr", so die Stellungnahme. Exzellente Forschung brauche biographische Sicherheit: "Existenzängste erhöhen nicht die Leistung, sondern bremsen Menschen aus."
Die geplante Regelung würde die schon jetzt prekären Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft noch weiter verschlechtern: "So gehen nicht die klügsten Köpfe in die Wissenschaft, sondern nur jene, die das finanzielle Risiko von befristeten Stellen und häufigen Ortswechseln eingehen können." Das gehe auch zu Lasten von Diversität: "Der Frauenanteil in den Professorien gerät weiter unter Druck, Menschen mit Migrationshintergrund oder aus nicht-akademischen Familien bleiben weiterhin unterrepräsentiert." BAM und IVWM sprechen sich stattdessen dafür aus, mehr unbefristete akademische Stellen neben Professuren zu schaffen und Stellen mit Karriereziel Professur (tenure track) zu stärken.
Auch Katholisch-Theologischer Fakultätentag gegen vorgeschlagene Reform
Der Katholisch-Theologische Fakultätentag zeigte sich auf Anfrage von katholisch.de darüber verwundert, dass angesichts der massiven Kritik am Entwurf das Wissenschaftszeitvertragsgesetz nun fast unverändert festgehalten wird. "Denn die seinerzeit von nahezu allen Fakultätentagen formulierte Kritik gilt unverändert. Die katholische Theologie – wie auch andere geisteswissenschaftliche Fächer – hält weiterhin an der Habilitation als ordentlicher Qualifikationsleistung für eine Professur fest. Diese Leistung ist aber in der vom Entwurf des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vorgesehenen Frist nicht zu erbringen – zumal dann nicht, wenn neben der Abfassung der Habilitationsschrift Aufgaben in der Lehre übernommen werden sollen", so der Vorstand des Fakultätentags.
Aus eigenen finanziellen und institutionellen Ressourcen sei es den theologischen Fakultäten nicht möglich, Postdoc-Stellen zu entfristen. Daher müssten die betroffenen Wissenschaftler nach vier Jahren entlassen werden: "Es ist klar, dass diese Aussicht die Attraktivität einer Postdoc-Stelle für den wissenschaftlichen Nachwuchs nicht eben steigert. Die absehbare Konsequenz, dass sich begabte Nachwuchswissenschaftler oder -wissenschaftlerinnen erst gar nicht zu einer Habilitation entschließen, ist für die Fortentwicklung der Theologie verhängnisvoll." Deshalb plädiere der Katholisch-Theologische Fakultätentag weiterhin entschieden für eine mindestens sechsjährige Postdoc-Phase und für eine Flexibilisierung bei der Anstellung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Am Wochenende wurde bekannt, dass die Bundesregierung den Entwurf aus dem Forschungsministerium als Gesetz in den Bundestag einbringen will. Gegenüber katholisch.de bestätigte eine Sprecherin des Ministeriums, dass ein Beschluss des Bundeskabinetts in den nächsten Wochen geplant ist und dass der im vergangenen Juni vorgestellte Referentenentwurf unverändert beschlossen werden soll. Nach der ersten Vorstellung der Pläne vor einem Jahr hatten Fachvertreter der Theologie scharfe Kritik geübt. Die Fakultätentage für katholische und evangelische Theologie bezeichneten die Pläne als unrealistisch und schädlich für den Forschungsstandort Deutschland. Zahlreiche Professorinnen und Professoren, darunter auch viele aus der Theologie, wandten sich in einem offenen Brief gegen die Reform. (fxn)
13. März 2024, 17.45 Uhr: Ergänzt um Position des Katholisch-Theologischen Fakultätentags.