Vor 25 Jahren starb der Künstler Georg Meistermann

Der mit dem Glas malte

Veröffentlicht am 12.06.2015 um 00:01 Uhr – Von Julia Grimminger (KNA) – Lesedauer: 
Georg Meistermann im Porträt
Bild: © KNA
Kunst

Bonn ‐ In zahlreichen Gotteshäusern in ganz Deutschland hat er seine Spuren hinterlassen - der Maler, Zeichner und Grafiker Georg Meistermann. Auch über seinen Tod vor 25 Jahren hinaus haben seine Werke Bestand.

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Nahezu überall in Deutschland hat er seine Spuren hinterlassen: ob in der Kirche St. Gereon in Köln, in der Berliner Gedächtniskirche, im Münsteraner Dom, im Gebäude des WDR in Köln, in Gotteshäusern in Augsburg, Frankfurt oder Saarbrücken. Dabei wollte Meistermann mit seiner Glasmalerei nie nur dekorieren, sondern versuchte stets, das Transzendente abzubilden: "Es handelt sich ja nicht darum, im Raume des Altares Kunstwerke zu schaffen, sondern schlichte, starke, wirksame Zeichen für die Wirklichkeit Gottes."

Den Eid auf Adolf Hitler verweigert

Als Sohn eines Kaufmanns wurde Meistermann 1911 in Solingen geboren. Nach dem Besuch eines Realgymnasiums studierte er an der Kunstakademie in Düsseldorf. Weil ihm die Nationalsozialisten ein Ausstellungsverbot auferlegten, verließ er 1933 die Akademie und bildete sich - in innerer Emigration - autodidaktisch weiter. Nebenbei verdiente er sich seinen Lebensunterhalt als Zeichenlehrer. 1941 verweigerte er den Eid auf Adolf Hitler. Da er jedoch gute Kontakte zu einem Münchner Kunsthändler pflegte, konnte der Künstler bereits während der Kriegsjahre wieder ausstellen.

Seine zu Beginn eher konkrete Formensprache entwickelte sich immer mehr in Richtung Abstraktion. Eine Tendenz, die ihn schließlich zur Glasmalerei brachte. 1938 entstanden für eine Kirche in seiner Heimatstadt Solingen die ersten Glasfenster: 23 Fenster mit religiösen Themen, auf deren Honorar er verzichtete. Die Pariser Weltausstellung führte ihn 1937 nach Frankreich, wo ihn die moderne französische Malerei entscheidend prägte. Ein immer wieder in seinen Bildern auftauchendes Thema ist die Bewegung, das Schweben, die Schwinge.

Ausschnitt eines Porträts von Willy Brandt
Bild: ©KNA

Porträt Willy Brandt von Georg Meistermann, Öl auf Leinwand 1977 (Ausschnitt).

Nach dem Krieg zeigte Wuppertal eine erste große Retrospektive. Es entstanden kontinuierlich neue Glasfenster; zugleich wurde Meistermann immer abstrakter, Mitte der 1950er-Jahre überwog dann das Konstruktivistische. Und ein nicht zu übersehendes meditatives Element. Dennoch verstand er sich niemals als christlicher Künstler. "Das Bemühen, für die Kirche zu arbeiten ist nur der Wunsch, dem Herrn die Zinsen darzubringen für das Kapital, das ich bekommen habe."

Farbe als "vollendete Sprache"

Obwohl Meistermanns Glasfenster ihm Ruhm und Anerkennung einbrachten, probierte er sich auf vielen weiteren Gebieten aus. Das Verzeichnis seines Nachlasses erfasst über 800 Ölgemälde. Unter anderem porträtierte er Willy Brandt mit einem unkonventionellen Farbspiel, was damals für Furore sorgte. Im Porträt verewigte er ebenso die Psychoanalytikerin Edeltrud Saeger, mit der er ab 1959 verheiratet war. Ebenfalls versuchte sich der Künstler als Grafiker. Das bestimmende Element blieb aber dennoch immer die Farbe: "Die Farbe ist eine in sich vollendete Sprache. Sie ist durch keine andere zu ersetzen. Mit einer Linie kann ich Buchstaben schreiben, Zeichen zeichnen. Mit der Farbe ist nur auszudrücken, was auf keine andere Weise ausgedrückt werden kann."

Zudem war Meistermann ein einflussreicher Pädagoge: 1952 nahm er ein Lehramt an der Frankfurter Städelschule an, das er aber schon 1955 aus Protest gegen die Reglementierung eines Kollegen durch die Stadtväter wieder aufgab. Auch bei anderen Gelegenheiten zeigte der Künstler seine Zähne, setzte sich als "Mentor in artibus" dafür ein, der Kunst in der Gesellschaft einen zentralen Ort einzuräumen. Nebenbei verfasste er richtungsweisende Aufsätze und Reden, worin er sich als Kenner künstlerischer, sozialer und kulturpolitischer Fragen bewies.

Ein Museum zu seinen Ehren hätte ihm sicherlich gefallen. Dessen Eröffnung im rheinland-pfälzischen Wittlich 1994 hat Georg Meistermann allerdings nicht mehr erlebt. Vier Jahre zuvor und vier Tage vor seinem 79. Geburtstag erlag er am 12. Juni 1990 einem Herzleiden.

Von Julia Grimminger (KNA)