Polnische Kirchenagentur KAI hat neuen Chef
Im Streit um ihre journalistische Unabhängigkeit bekommt Polens katholische Nachrichtenagentur KAI einen neuen Geschäftsführer. Die zuständige kirchliche Stiftung berief am Freitag Dominikanerpater Stanislaw Tasiemski (74) zum neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung, wie die KAI selbst am Wochenende meldete. Er folgt auf Marcin Przeciszewski (66), der die Agentur 1993 gründete und 32 Jahre lang ihr Geschäftsführer und Chefredakteur war.
Aus Protest gegen eine von der Polnischen Bischofskonferenz geplante Umstrukturierung der KAI war Przeciszewski im Juni von beiden Ämtern zurückgetreten. Die jetzige Personalentscheidung traf der Stiftungsrat unter Leitung des Warschauer Erzbischofs Adrian Galbas. Dem Gremium gehören fünf Bischöfe an.
Tasiemski war seit 2008 als kirchlicher Assistent Mitglied der KAI-Geschäftsführung. Er wurde 1985 zum Priester geweiht. Von 1998 bis 2008 arbeitete er in der polnischen Abteilung von Radio Vatikan. Die KAI-Redaktion hatte sich nach Informationen der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) gewünscht, dass ihr Mitbegründer und Vize-Chefredakteur Tomasz Krolak neuer Geschäftsführer wird. Die Bischöfe hätten dies aber abgelehnt, hieß es. Krolak bleibt allerdings stellvertretender Geschäftsführer.
Sorge um Unabhängigkeit
KAI-Gründer Przeciszewski hatte Polens Bischöfen vorgeworfen, sie wollten die Nachrichtenagentur an die Pressestelle der Bischofskonferenz anbinden und unabhängigen Agenturjournalismus verhindern. Er sagte der KNA am Samstag in Warschau: "Auch nach der Ernennung von Pater Tasiemski bleiben die Befürchtungen bestehen." Das vom Sprecher der Bischofskonferenz, dem Jesuiten Leszek Gesiak, entwickelte Konzept sei noch nicht vom Tisch. Es sieht unter anderem einen gemeinsamen Newsroom der Pressestelle, der KAI und des Portals "Opoka" vor, geleitet von ihm.
Der scheidende Chefredakteur fügte hinzu, er hoffe, dass die öffentliche Diskussion und die internationale Unterstützung für die Autonomie der Agentur die Bischöfe zum Umdenken bewegen könne, so dass sie Gesiaks Konzept nicht weiterverfolgen: "Ich vertraue auch darauf, dass Pater Tasiemski die KAI konsequent verteidigen wird."

Ein Kruzifix liegt auf einer polnischen Flagge
Das Pressebüro der Bischofskonferenz hatte zuvor auf KNA-Anfrage erklärt, die KAI solle eine "unabhängige Medieneinrichtung der Bischofskonferenz bleiben". Gesiaks Reformkonzept sei kein Dokument der Bischofskonferenz, sondern ein "richtungsweisender Vorschlag" ihres Sprechers. Es gehe darum, "die von der Bischofskonferenz gegründeten Medienunternehmen umzustrukturieren, die Zusammenarbeit zwischen ihnen zu straffen und die mit der Arbeit dieser Einrichtungen verbundenen Ausgaben zu optimieren".
Führende Informationsquelle zu Religionsthemen
Die Katolicka Agencja Informacyjna (KAI) ist für viele kirchliche und säkulare Medien in Polen die führende Informationsquelle zu Religionsthemen. Das verdankt sie auch ihrer weitgehenden Autonomie von der Bischofskonferenz. Polnische Bischöfe stören sich aber seit einiger Zeit an Meldungen der Agentur, etwa über die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch, in denen die Kirche schlecht wegkommt. Sprecher Gesiak monierte in diesem Zusammenhang, die KAI habe in manchen Beiträgen Informationen veröffentlicht, "die nicht ganz mit der Botschaft der Bischöfe übereinstimmten".
Einige Journalisten anderer polnischer Medien und auch katholische Geistliche warnten zuletzt, die KAI verlöre Glaubwürdigkeit und Vertrauen, wenn sie vom Sprecher der Bischofskonferenz gesteuert würde. Aus Sicht des bisherigen Agenturchefs Przeciszewski wäre eine gemeinsame Redaktion mit der Pressestelle sowieso "absurd", weil beide Institutionen ganz unterschiedliche Aufgaben hätten.
Eine Pressestelle gebe ihre Informationen kostenlos an Medien weiter. Nachrichtenagenturen recherchierten ihre Meldungen hingegen unabhängig und verkauften sie. "Im Falle einer gemeinsamen Redaktion könnte die Agentur keine Meldungen mehr verkaufen, da es sich um gemeinsam mit der Pressestelle erstellte Informationen handeln würde", betonte er. Das wäre das Ende der KAI.