Historische Parallelen zur Konzilszeit

Befreiungstheologe sieht Leo XIV. in Kontinuität zu Franziskus

Veröffentlicht am 15.07.2025 um 11:14 Uhr – Lesedauer: 

Madrid ‐ Mit Leo XIV. kehrt ein neuer Stil in den Vatikan ein: Von Franziskus abgeschaffte Traditionen kommen wieder zum Tragen. Ein Bruch? Befreiungstheologe Paulo Gabriel sieht das nicht so: Schon einmal habe es einen vergleichbaren Papst-Wechsel gegeben.

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Der brasilianische Augustinerpater und Befreiungstheologe Paulo Gabriel sieht im Pontifikat von Leo XIV. eine Chance für die Befriedung verschiedener Lager in der Kirche. Der neue Papst stehe zwar in inhaltlicher Kontinuität zu seinem Vorgänger, habe aber einen anderen Stil, sagte Gabriel im Interview mit dem spanischen Online-Medium "Religión Digital" (Montag). Leo werde die Linie von Papst Franziskus (2013–2025) fortsetzen, ohne die Traditionalisten allzu sehr zu verschrecken: "Er ist ein Sohn von Franziskus, aber er ist Leo XIV." Der Wechsel zwischen den beiden Pontifikaten sei vergleichbar mit dem Übergang von Papst Johannes XXIII. (1958–1963), der das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) begonnen hatte, zu Papst Paul VI. (1963–1978), der es zum Ende brachte und seine Umsetzung gestaltete. Wie damals könne der Wechsel dazu beitragen, "Dinge ins Gleichgewicht zu bringen".

Nach Ansicht Gabriels sah das Konklave in Robert Prevost einen Kardinal mit einem Profil, das den Vorstellungen des Zweiten Vatikanischen Konzils entspricht: "ein Missionar, mit einer volksnahen lateinamerikanischen Perspektive und einer bevorzugten Option für die Armen". Im Gegensatz zu Franziskus habe Leo einen zurückhaltendereren, introvertierteren Charakter. Er höre viel zu und spreche wenig. "Er ist authentisch, ein Mann Gottes, religiös, tiefgründig: Er wird seinen Weg gehen und die durch den Argentinier eingeschlagenen Wege weitergehen, wobei er den Laien und Frauen mehr Bedeutung beimessen und die synodale Reform in einem womöglich etwas gemäßigteren Tempo vertiefen wird", vermutet der Augustiner. Schon jetzt zeige das Auftreten Leos, wie er verschiedene Richtungen miteinander vereint: "Einerseits hat er einen Namen gewählt, der mit der sozialen Seite der Kirche in Verbindung gebracht wird, andererseits trägt er die Mozetta." Papst Franziskus hatte nach seiner Wahl darauf verzichtet, den traditionellen Schulterkragen der Päpste zu tragen.

Für Gabriel stellt die Ernennung von Prevost zum Bischof eine bewusste Richtungsentscheidung von Papst Franziskus dar. Papst Johannes Paul II. (1978–2005) habe den südamerikanischen Episkopat gestaltet, indem er Bischöfe ernannt habe, die sich nicht mit der Theologie der Befreiung identifizierten. Erst Franziskus habe das geändert. Im damaligen Generalprior der Augustiner Prevost habe er einen Mann erkannt, der auf seiner Linie war. Franziskus habe Prevost 2013 beim Generalkapitel der Augustiner kennengelernt, 2015 ernannte er ihn zum Bischof von Chiclayo in Peru, wo zuvor konservative Strömungen wie die mittlerweile aufgelöste Bewegung "Sodalitium Christianae Vitae" dominierten. (fxn)