Priestermangel habe auch mit "Ortlosigkeit" des priesterlichen Lebens zu tun

Pastoraltheologe: Es braucht angemessene Formen des zölibatären Lebens

Veröffentlicht am 28.07.2025 um 11:52 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Welche Zukunft hat der Zölibat? Der Pastoraltheologe Andreas Wollbold plädiert dafür, ihn neu zu "institutionalisieren". Dafür brauche es Lebensformen, in denen die priesterliche Ehelosigkeit sozial anerkannt und geistlich fruchtbar eingebettet sei.

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Der Münchner Pastoraltheologe Andreas Wollbold plädiert für neue Modelle des zölibatären priesterlichen Lebens. "Zölibat neu zu formen, zu institutionalisieren, das also wäre das Gebot der Stunde", schreibt Wollbold in einem Beitrag für die "Herder Korrespondenz" (August-Ausgabe). In diesem Feld könne sich der Reformeifer ausgiebig bewähren. "Man kann sich auf die Zukunft des Zölibats freuen."

Das eigentliche Problem der priesterlichen Ehelosigkeit liege aktuell darin, dass die schützenden und stärkenden Formen von einst nicht mehr den heutigen Lebensformen entsprächen, angemessene Modelle des zölibatären Lebens jedoch nur ansatzweise zu erkennen seien, so Wollbold weiter. Es brauche Lebensformen, in denen die ehelose Enthaltsamkeit stabil, sozial anerkannt und geistlich sowie pastoral fruchtbar eingebettet sei. "Gäbe es sie, wäre zölibatär zu leben kein Drahtseilakt, sondern der sichere Gang an einem Geländer. Wer da ausrutscht, wird aufgefangen und bricht sich (und anderen!) nicht Hals und Knochen der Seele", schreibt der Pastoraltheologe, der selbst Priester ist. Mit solchen Formen würde die zölibatäre Lebensweise auch wieder eine größere Zahl junger Männer anziehen.

Mehr oder weniger erfolgreiches "Duchwursteln"

Der Theologe wirft die Frage auf, ob der eklatante Priestermangel mit der "Ortlosigkeit" des priesterlichen Lebens zusammenhänge. "Bezeichnenderweise ist derzeit die einzige Institutionalisierung des Weltpriesters seine lebenslange berufliche Abhängigkeit vom Diözesanapparat." Wie der einzelne Geistliche seine Ehelosigkeit gestalte, bleibe ihm selbst überlassen, solange es zu keinen "Auffälligkeiten" komme. "Das Ende vom Lied sind Variationen über das Thema 'Gut betuchter Junggesellenhaushalt'. Es bringt zwar erstaunliche Chefs de cuisine, Heimwerker und Fayencensammler hervor, in der Breite kommt es aber eher einem mehr oder weniger erfolgreichen Durchwursteln gleich."

Immer weiter auseinanderliegende Einsatzorte eine rasche Versetzungsquote sowie die Erwartung der Diözesanleitungen, "Einsatzkräfte zu betreuen und nicht ein Presbyterium zu bilden", täten Ihr Übriges, so Wollbold. So wie es vor der "Standardisierung des Weltpriesters" im 19. Jahrhundert zahlreiche Formen gegeben habe, bräuchte es heutzutage eine Reihe von Modellen des priesterlichen Lebens. Angefangen "von der eher klassischen Frau im Haus (nur gewiss nicht mehr als Dienstmagd, sondern in geistlicher Gemeinschaft) über Wohngemeinschaften mit anderen Priestern und Laien, förmliche Priestergemeinschaften, Mitgliedschaft in geistlichen Bewegungen, geistliche Häuser, die zugleich Anlaufstationen für die Gestrandeten vieler Art sind, Künstlerkolonien", zählt der Theologe auf. (mal)