Standpunkt

Die Kirche als Mutmacherin gegen "pluralistische Ignoranz"

Veröffentlicht am 04.08.2025 um 00:01 Uhr – Von Agnes Wuckelt – Lesedauer: 

Bonn ‐ Große Krisen prägen unsere Zeit. Kann der oder die einzelne überhaupt etwas gegen sie tun? Ja, wenn nicht darauf gewartet wird, dass andere etwas bewirken, schreibt Agnes Wuckelt. Auch die Kirche sei gefragt, Zuversicht zu verbreiten.

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Krisen, Kriege, Katastrophen, Gefährdung der Demokratie – die Zeichen der Zeit sind nicht günstig. Politiker in Ost und West missbrauchen ihre Macht, unberechenbar, unbeeindruckt von den Folgen ihrer Entscheidungen. Zunehmend macht sich angesichts der endlosen Kette von Krisen das Gefühl der Ohnmacht breit. Warum sich gar stündlich all die Probleme dieser Welt vor Augen führen? Für eine einzelne Person sind sie zu groß. Lieber gar nicht hinschauen, es ändert sich ja doch nichts. Zumal der oder die Einzelne mit Veränderungswillen sich allein wähnt. Psycholog:innen sprechen von "pluralistischer Ignoranz", nach der fälschlicherweise anderen grundsätzlich unterstellt wird, sie wären sowieso nicht veränderungswillig. Kaum etwas frustriert mehr als die Vorstellung, in den eigenen Bemühungen allein zu sein.

Trotz aller Transformationsprozesse in Ökologie, Wirtschaft oder Kirche scheinen Hoffnung und Zuversicht zu schwinden. Dennoch: Ganz klein unten auf Seite 1 der Tageszeitung oder am Rand der Tagesschau die "gute Nachricht des Tages"; einmal in der Woche "nur gute Nachrichten" in einem Newsletter, das Titelthema eines Mitgliedermagazins "Zuversicht. Vom Zauber einer besonderen Kraft – und warum wir sie jetzt so dringend brauchen", das Libori-Festwochenmotto "Vertrauen ins Morgen", Pilgerorte der Hoffnung im Heiligen Jahr 2025, das Motto des Katholikentags 2026 "Hab Mut, steh auf!" – können sie unserer postoptimistischen Zeit entgegenwirken?

Ja, wenn nicht darauf gewartet wird, dass andere etwas bewirken. Es liegt an jeder und jedem, dass etwas bewirkt wird. Auch große Erzählungen sind auf kleine Kräfte angewiesen, dass Menschen "wider alle Hoffnung" hoffen, enttäuschungsresistent sind, und die kleinen Erzählungen zur großen zusammenfügen. Gegen individuelle und kollektive Lähmung hilft die gebündelte Kraft vieler Einzelpersonen. Sollte nicht gerade Kirche als Erzählgemeinschaft Menschen etwas zutrauen und Zuversicht verbreiten, jeder "pluralistischen Ignoranz" entgegen?

Von Agnes Wuckelt

Die Autorin

Agnes Wuckelt ist Professorin i.R. für Praktische Theologie an der Katholischen Hochschule NRW, Abt. Paderborn.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.