Kirche muss zum Wohl der Menschen eine hörbare Stimme sein
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In zwei hörenswerten Podcast-Serien hat der Deutschlandfunk die politischen und philosophischen Theorien der Internet-Milliardäre im Umfeld von US-Präsident Donald Trump aufgearbeitet. Was in der "Peter Thiel Story" und "Tech Bro Topia" an Weltanschauungen präsentiert wird, hätte man vor einem Jahr zum Teil als lächerliche Science-Fiction-Fantasie oder hanebüchene Verschwörungstheorie zurückgewiesen. Wenn vom Kampf gegen den Antichristen die Rede ist, der Mensch seinen störungsanfälligen Leib optimieren oder gar hinter sich lassen soll oder über die Besiedlung des Weltalls nachgedacht wird.
Doch seit Donald Trump die Macht übernommen hat, sind die Ideen mancher superreicher Technologie-Unternehmer gefährlich nah am Zentrum der Macht. Einige ihrer Theorien widersprechen sich, aber es gibt Gemeinsamkeiten: Es gibt kein Problem, das sich nicht durch Technologie lösen lässt. Der Staat soll sich aus möglichst allem raushalten, besser noch weitgehend abgeschafft werden. Nur der entfesselte Kapitalismus bringt die Menschheit weiter. Ohne ökonomisches Wachstum keine Entwicklung. Bedenken sind überflüssige Blockaden.
In Trumps Umfeld fallen diese Ideen auf fruchtbaren Boden. Er ist längst dabei, Regulierungen einzureißen und den Staat, wie man ihn bisher kannte, zu zerstören. Arme und schwache Menschen, Randgruppen, ganze Länder werden dabei unter die Räder geraten.
Welch ein Zufall, dass in Rom ausgerechnet ein US-Amerikaner das Papstamt übernommen hat, der sich als Leo XIV. in die Tradition der katholischen Soziallehre stellt und ihr angesichts der atemberaubenden Entwicklung künstlicher Intelligenz neue Bedeutung geben will. Die Prinzipien dieser Lehre sind das Gegenbild zu den beschriebenen Philosophien: Der Mensch – und zwar jeder, nicht nur der Starke und Reiche – steht im Mittelpunkt gesellschaftlichen und staatlichen Handelns. Solidarität und Gemeinwohlorientierung sorgen dafür, dass niemand aus dem Blick gerät und möglichst viele an Fortschritt und Wohlstand teilhaben können.
Universitäten, Akademien, Stiftungen und Verbände sollten den Impuls des Papstes aufgreifen, die Soziallehre fortschreiben und konkretisieren, was diese Prinzipien angesichts der aktuellen Herausforderungen bedeuten. Was wir derzeit erleben, ist ein Kulturkampf. In diesem Kampf muss die Kirche eine wichtige und hörbare Stimme sein. Zum Wohl der Menschen.
Der Autor
Ulrich Waschki ist Geschäftsführer und Chefredakteur der Verlagsgruppe Bistumspresse.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.
