Auszeichnung für Bischof Barron hatte für Kritik gesorgt

Theologe Bogner: Bei Preisverleihung wurde Denken Piepers vereinnahmt

Veröffentlicht am 25.08.2025 um 13:46 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Die Auszeichnung des umstrittenen US-Bischofs Robert Barron mit dem Josef-Pieper-Preis in Münster hat für Kritik und Proteste gesorgt. Bei der damit verbundenen Tagung wurden kirchenpolitische Grabenkämpfe offenbar, meint Daniel Bogner.

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Der Moraltheologe Daniel Bogner hat die Vereinnahmung des Philosophen Josef Pieper bei der Verleihung des nach ihm benannten Preises kritisiert. "Es war Pieper-Pop, der da stattfand, keine ernsthafte Rezeption", schreibt Bogner in einem Beitrag für die "Herder Korrespondenz" (September-Ausgabe). Der Name Pieper sei bei der Tagung zu einem "Container-Begriff" verkommen: "Wie ein monolithischer Block wurde sein Denken für andere Anliegen funktionalisiert, nämlich für die Sorge um die Zukunft des christlichen Glaubens in einer säkularisierten Lebenswelt und den Deutungskampf um das wahrhaft 'Katholische'", kritisiert Bogner, der in Fribourg in der Schweiz lehrt.

Nach der von der Josef-Pieper-Stiftung veranstalteten Tagung sei vor allem ein Eindruck übriggeblieben: "Das aus seinem ursprünglichen Kontext extrahierte Denken Piepers verkam – vielleicht noch nicht einmal bewusst und gewollt – zu einem bloßen Mittel in der geistig-kirchenpolitischen Konfliktkonstellation der Gegenwart", so der Moraltheologe. Dabei sei das Denken Piepers stets auf Dialog und Offenheit hin ausgerichtet und sein tiefstes Anliegen die Vermittlung. Mit der Auszeichnung des konservativen US-amerikanischen Bischofs und Medienunternehmers Robert Barron habe die Stiftung indes eine bestimmte Auslegung des Werkes von Josef Pieper vorgenommen und dadurch einen kirchenpolitischen Akzent gesetzt.

Bogner moniert, dass nachvollziehbare Überlegungen mit abwertenden Polemiken gegen "die deutsche Kirche", den "liberalen Zeitgeist" oder eine vermeintlich falsch ausgerichtete Theologie verbunden worden seien. "Es war eine höchst befremdliche Erfahrung: Man muss offenbar das eine mit dem anderen einkaufen", so der Moraltheologe. "Sachlich gerechtfertigt ist das in dieser krassen Form nicht."  Ein Brückenbau zwischen progressiv und traditionell sei dabei gar nicht gewollt gewesen.

Kirche als "Sakrament der Einheit"

Abschottung und Gesprächsverweigerung macht Bogner dabei in beiden kirchenpolitischen Lagern aus. So hätten Mitglieder der Theologischen Fakultät der Universität Münster im Vorfeld ihr Befremden gegenüber der Preisverleihung kundgetan. "Umso seltsamer, dass keiner der Professorinnen und Professoren den Weg zur Tagung fand oder wenigstens die Protestierer aus dem Bistum vor der Überwasserkirche unterstützen wollte", so der Theologe. "Will man eigentlich noch etwas lernen, auch von den ausgemachten Gegnern? Sich zumindest einen eigenen Eindruck verschaffen?"

Die Kirche könne in einer zersplitterten Welt dabei gerade zu einem "Sakrament der Einheit" werden, schreibt Bogner. "Für beide Seiten hieße das: aufeinander zuzugehen, erst einmal zuhören, lernen wollen, unterstellen, dass es Spuren der Wahrheit auch im Anderen geben mag, so weh das tut." Von einer solchen Haltung scheine man gegenwärtig allerdings weit entfernt zu sein.

Josef Pieper (1904–1997) war ein deutscher christlicher Philosoph, der unter anderem im Essen und Münster lehrte. In seinen Schriften, Aufsätzen und Vorträgen setzte er sich vor allem mit Thomas von Aquin und griechischen Philosophen wie Platon auseinander. (cbr)