Engagement beschert Christa Wildenauer Privatkapelle

Von Hobby zum Lebenswerk: Trödelhändlerin spendet Kirche 400.000 Euro

Veröffentlicht am 01.09.2025 um 00:01 Uhr – Von Jasmin Lobert – Lesedauer: 

Vohenstrauß ‐ Seit über 30 Jahren betreibt Christa Wildenauer einen Flohmarkt in der Oberpfalz – und spendet alle Einnahmen. Was als Trödelaktion beim Pfarrfest begann, wurde zum Lebenswerk. Dieses Vollzeit-Hobby bescherte ihr nicht nur Auszeichnungen.

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Christa Wildenauer ist in Vohenstrauß, einem kleinen 7.500-Seelen-Ort in der Oberpfalz, längst eine lokale Berühmtheit: Seit über 30 Jahren verkauft sie auf ihrem Kunst- und Krempelflohmarkt Leinentischdecken, Porzellan und Spitzenunterhemden. Selbst Kunden aus der Slowakei, Russland oder China haben bei der gelernten Einzelhandelskauffrau schon eingekauft.

Den gesamten Erlös – nach Schätzungen ihres Pfarrers Alexander Hösel inzwischen rund 400.000 Euro – hat die Rentnerin gespendet. Zuletzt flossen 10.000 Euro an die Pfarrkirche, die derzeit restauriert wird. Auch die evangelische Gemeinde, der Kindergarten, die Kinderkrebshilfe und das Tierheim profitierten in den vergangenen drei Jahrzehnten von ihren Spenden. "Eigentlich habe ich alle Vereine in Vohenstrauß unterstützt", sagt die 72-Jährige.

Ihr Trödelgeschäft hat mit einem Flohmarkt auf dem Pfarrfest angefangen

Für ihr Engagement erhielt Wildenauer zahlreiche Auszeichnungen – darunter zwei Medaillen des Bistums Regensburg, einen Förderpreis der Sparkasse und die Bundesverdienstmedaille. Preisgelder, die damit verbunden waren, hat sie selbstverständlich gespendet.

Begonnen hat alles 1991. Damals bot der Leiter des Caritas-Alten- und Pflegeheims in Vohenstrauß dem Pfarrgemeinderat zwei Zimmer voller Nachlässe an, die Angehörige nicht haben wollten. Wildenauer erklärte sich bereit, damit einen Flohmarkt beim Pfarrfest der Gemeinde zu organisieren. Am Ende blieb Einiges über, erinnert sie sich. Also nahm sie die Sachen mit nach Hause.

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Die nächsten Tage riefen immer wieder Menschen bei ihr an, um nach bestimmten Gegenständen zu fragen. Andere meldeten sich und wollten etwas zu ihrem Flohmarkt beisteuern. Denn es sprach sich rum, dass Wildenauer alle Einnahmen spendete.

Zu jeder Gelegenheit baute sie ihren Flohmarktstand auf: beim Erntedankfest des Frauenbunds, auf dem Adventsmarkt oder beim Pfarrfest. Wildenauer achtete immer darauf, dass sie keine Standgebühren zahlen muss, damit die Spendensumme nicht geschmälert wird. "Da bin ich ein bisschen geizig", sagt sie.

Mit der Zeit sammelte sich immer mehr Trödel an. Der eigene Wintergarten und ein Schaufenster des familiengeführten Autohauses mussten als Lager herhalten. Um das Chaos zu beseitigen, baute ihr Mann kurzerhand die Scheune in Garten zu einem kleinen Laden um. Die Regale sind mit allerlei Kram vollgestellt.

Seither vergeht kaum ein Tag, an dem Wildenauer nicht mit dem Flohmarkt beschäftigt ist. Nachbarn und Fremde kommen vorbei, stöbern durch die Regale und suchen nach kleinen Schätzen. Manche kommen mit ihr ins Gespräch, teilen sogar ihre Sorgen mit ihr.

Bild: ©Bistum Regensburg/Lea Grosser

Gärtner aus der Region spenden Pflanzen, die Wildenauer auf ihrem Flohmarkt verkaufen kann.

Für die vielen Begegnungen ist Wildenauer dankbar. "Das hat mir immer etwas gegeben", sagt sie. "Ich werde sehr oft umarmt. Und die Leute freuen sich so." Viele Kunden kämen regelmäßig zu ihr. Kein Wunder, schließlich tut sie alles, um sie glücklich zu machen.

So kam einmal eine Kundin mit einem alten Schränkchen vorbei und fragte: "Christa, du kennst so viele Leute. Kann mir jemand daraus ein Insektenhotel machen?" Wenig später stand Wildenauer mit dem Möbelstück in der Werkstatt eines Bekannten. Doch was sie dort entdeckte, überraschte sie selbst: einen steinernen Altar.

"Ich schenke ihn dir", sagte Wildenauers Bekannter zu ihr. Er habe ihn vor zehn Jahren für jemanden angefertigt, der ihn schlussendlich nicht mehr haben wollte. "Wenn du ihn nicht nimmst, hau ich ihn weg." Ihr Mann war zunächst skeptisch: Wohin damit?

„Wir stellen den Altar ins Waschbärhaus.“

—  Zitat: Helmut Wildenauer, Ehemann von Christa Wildenauer

Drei Wochen und einen Anruf des Pfarrers später entschieden sich die Wildenauers dazu, den Altar abzuholen – und ihn vorübergehend in die Ausstellungshalle des Autohauses zu stellen. Wenig später dann die Idee ihres Mannes: "Wir stellen den Altar ins Waschbärhaus."

Also musste das alte Gehege weichen – was nur dort stand, weil die tierliebe Tochter einige Jahre zuvor einen Waschbären in einem Schuhkarton mit nach Hause brachte, so die Rentnerin.

Für die "wunderschöne Kapelle", wie Wildenauer sagt, "brauchte es nur noch einen Schutzpatron". Die zündende Idee hatte der Pfarrer: "Sie haben ein Autohaus an der Autobahn, Sie brauchen einen Christophorus." Den Schutzpatron der Reisenden. Passend dazu fanden die Wildenauers eine Christophorus-Holzfigur in einem Schnitzergeschäft in der Nähe. 2013 wurde die Privat-Kapelle offiziell eingeweiht.

Christophoruskapelle der Familie Wildenauer
Bild: ©Pfarrer Alexander Hösl

Christophoruskapelle der Familie Wildenauer

Seither öffnen die Wildenauers die Kapelle täglich für Besucher. Die Leute kommen mit dem Auto vorbei, setzen sich hinein, beten oder singen. "Ist das nicht wunderschön?", sagt Wildenauer. Jedes Jahr wird das Patrozinium mit Gottesdienst und Chor gefeiert – und natürlich mit einem großen Flohmarktstand.

Warum sie das alles macht? "Meine Familie und ich, wir tun das aus Überzeugung – für Gottes Lohn", sagt Wildenauer. Manche älteren Kunden scherzen, Wildenauer solle sie gleich mit in den Himmel nehmen, wenn es soweit ist. Schließlich hätten sie bei ihr eingekauft. Wildenauers Antwort: "Ich nehme alle meine Wohltäter mit."

Ans Aufhören denkt sie aber nicht. Zwar will sie etwas kürzertreten, doch ganz loslassen kann sie den Handel nicht. "Das ist ein Stück meines Lebens", sagt sie. Ihre Tochter plant inzwischen, sie bei der ZDF-Sendung Bares für Rares anzumelden. Schließlich warten noch viele Schätze darauf, einen neuen Besitzer zu finden – und Wildenauer freut sich immer über eine weitere Spende.

Von Jasmin Lobert