Standpunkt

Der Dialog der Religionen – mehr als ein Saisongeschäft

Veröffentlicht am 05.09.2025 um 00:01 Uhr – Von Christoph Strack – Lesedauer: 

Bonn ‐ Nach der Sommerpause beginnt mit dem Herbst auch wieder die Dialog-Saison. Zahlreiche – auch internationale – Gesprächsformate beleuchten dabei auch die Religionen und ihr Verhältnis untereinander. Christoph Strack sieht darin eine große Chance.

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Jetzt ist wieder Dialog-Saison. Promis oder Profis der Religionen treffen sich hier und da. Und oft wirkt es dann wie Laufsteg oder eitel Sonnenschein. Macht das Sinn? Ja, gewiss. Erst recht in einer immer stärker gespaltenen Welt, die sich politisch und geistig nicht nur vom Multilateralismus, sondern meist auch von Kompromiss und Pluralismus abwendet.

Mitte September steht in Astana, der Hauptstadt Kasachstans, der "VIII. Kongress der Führer der Welt- und traditionellen Religionen" an. Beim letzten Mal 2022 waren an die 100 Delegationen dort. Da war es auch besonders, weil Papst Franziskus anreiste, auch Großscheich Ahmed al-Tayyib von der Al-Azhar-Moschee in Kairo und Israels sephardischer Oberrabbiner Yitzhak Yosef.

Gut einen Monat später steht, diesmal in Rom, das jährliche Großtreffen von Sant'Egidio an. Natürlich ist das im Kern eine katholische Veranstaltung mit manchmal langen Reden, aber Sant'Egidio schaut immer an Ränder und pflegt Freundschaften quer durch Länder und Religionen. Mag sein, dass in Rom unauffällige Treffen abseits der großen Bühne wichtiger sind als die langen Reden.

Schließlich versammelt sich die Europäische Rabbinerkonferenz Anfang November in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans. Hunderte Rabbiner in einem schiitisch-muslimisch geprägten Land. Erstmals gehen die Rabbiner in ein solches Umfeld. Und sie zeigen, welche Hoffnung mit jedem Dialog verbunden ist.

Aserbaidschan gilt als einer der Favoriten, falls das 2020 initiierte Abraham-Abkommen doch mal größere Kreise zieht – trotz der gegenwärtig erschütternden Lage im Nahen Osten, auch wegen dieser gegenwärtig erschütternden Lage. Im besten Fall könnten Religionen als Frühwarnsysteme oder – dieses abgenutzte große Wort - Brückenbauer agieren. Ein Aspekt, bei dem die letzte Bundesregierung mit einem grünen Außenministerium übrigens leider konsequent abschaltete.

Aber das Thema des interreligiösen Gesprächs ist nicht nur ein abgehobenes Ding für die Dialog-Profis, die dafür durch die Welt reisen. Das kann auf Ebene einer Gemeinde oder eines Kirchenkreises ein bewusster Austausch mit Andersgläubigen sein: Was glaubt Ihr so? Wie seht Ihr uns? Oder einfach nur ein Entdecken anderer Traditionen. In Berlin findet, wie in einer Reihe anderer Städte, am 13./14. September die diesjährige "Lange Nacht der Religionen" statt. Deren Motto ist in Zeiten der wachsenden Kriegsangst, der wirtschaftlichen Sorgen und der gesellschaftlichen Spaltungen schon fast eine Provokation: "Hoffnung".

Von Christoph Strack

Der Autor

Christoph Strack ist Fachredakteur der Deutschen Welle für Religion und Religionspolitik.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.