missio-Präsident Klaus Krämer zum Weltmissionssonntag

"Zeigen, was Mission heute bedeutet"

Veröffentlicht am 24.10.2015 um 00:01 Uhr – Von Gottfried Bohl (KNA) – Lesedauer: 
Bild: © missio
Hilfswerke

Aachen/Dresden ‐ Tansania ist das Beispielland der diesjährigen missio-Aktion zum Monat der Weltmission. Höhepunkt und Abschluss der Kampagne ist der Weltmissionssonntag an diesem Sonntag. Im Interview wirbt Klaus Krämer, Präsident von missio Aachen, um Unterstützung.

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Frage: Prälat Krämer, der Weltmissionsmonat von missio steht vor dem Abschluss. Wie lautet das Motto in diesem Jahr, und was steckt dahinter?

Krämer: Das Leitwort "Verkündet sein Heil - von Tag zu Tag" ist ein Wort aus dem 96. Psalm. Wir bringen das mit einem Jubiläum in Verbindung: Vor 50 Jahren ist das Zweite Vatikanische Konzil zu Ende gegangen. Das heißt auch: Seit 50 Jahren wirkt das Missionsdekret "Ad Gentes", seit 50 Jahren ist eine neue Epoche in der Geschichte der Mission und unserer Kirche angebrochen. Was also das tägliche Verkünden des Heils Gottes, was Mission heute bedeutet, das zeigen wir am Beispiel von Tansania.

Frage: Was ist das Ziel der Aktion?

Krämer: Das erste Ziel ist unsere Solidarität mit Katholiken in anderen Teilen der Welt. Die Aktion zum Monat der Weltmission ist die größte Solidaritätsaktion der katholischen Kirche weltweit. Die Kampagne hilft den Kirchen, die sehr arm sind und auf Unterstützung anderer angewiesen sind. Deshalb bitten wir auch um Spenden. Das zweite Ziel ist aber genauso wichtig: Wir möchten den spirituellen Reichtum der Weltkirche den Menschen in Deutschland zugänglich machen. Deswegen wählen wir jedes Jahr ein anderes Beispielland aus, um zu zeigen, wie der Glaube dort gelebt wird.

Frage: Warum fiel die Wahl auf Tansania?

Krämer: Zwischen Tansania und Deutschland bestehen seit langem gute weltkirchliche Beziehungen. Denn das ehemalige Ostafrika war ja kurze Zeit deutsche Kolonie. Das hatte zur Folge, dass viele deutsche Missionare dort tätig waren. Daraus haben sich viele Kontakte und Partnerschaften zu Katholiken in Deutschland und zwischen einzelnen Gemeinden ergeben. Tansania ist zwar politisch ein relativ stabiles Land - hoffentlich auch noch nach den Wahlen jetzt, aber gleichwohl ein Land mit großen Problemen: 34 Prozent der Bevölkerung leben noch immer unter der Armutsgrenze, der Gesundheitsbereich steht vor großen Herausforderungen, zum Beispiel im Umgang mit HIV-Infizierten und an AIDS Erkrankten. Die Bildungssituation ist zum Teil katastrophal. Die Kirche stellt sich diesen Herausforderungen in eindrucksvoller Weise. Sie gibt durch diesen diakonischen Einsatz für benachteiligte Menschen ein attraktives Glaubenszeugnis.

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Video: © weltkirche.katholisch.de

An der Seite der Massai-Frauen: Tansania steht im Mittelpunkt der diesjährigen Missio-Aktion zum Monat der Weltmission. Bei den Massai im Norden des Landes haben insbesondere Frauen einen schweren Stand. Vor welchen Herausforderungen sie stehen, erklärt Schwester Leah Kavugho im Interview.

Frage: Wie leben die Menschen dort ihren Glauben?

Krämer: In Tansania erleben wir eine weitgehend inkulturierte, lebendige und bunte Kirche, die das afrikanische Element in die Liturgie aufgenommen hat. Gleichzeitig zeigen die tansanischen Christen viel soziale Sensibilität für die Ärmsten der Armen und die HIV-Infizierten und an AIDS erkrankten Menschen. Nicht zuletzt eröffnet die Kirche Jugendlichen eine Perspektive für ihr Leben.

Frage: Wie läuft das Miteinander der Religionen in Tansania?

Krämer: Tansania ist noch ein stabiles Land. Es zählt etwa gleich viele Christen und Muslime, die traditionell sehr friedlich miteinander leben. Viele Familien sind religionsgemischt, das heißt christliche und muslimische Familienangehörige leben selbstverständlich zusammen. Allmählich gewinnen aber auch islamistische Gruppen Einfluss. Besonders dramatisch zeigt sich das auf der Insel Sansibar, wo die Christen lediglich ein Prozent der Bevölkerung ausmachen. Gerade in den jüngsten Jahren haben die Spannungen dort deutlich zugenommen.

Frage: Wie geht es den Christen insgesamt? Können sie ihr Christsein unbeschwert leben? Und welche Rolle spielen sie in dem Land?

Krämer: Christen in Tansania können ihren Glauben frei leben. Und sie spielen eine wichtige Rolle in der tansanischen Gesellschaft. Wichtige Einrichtungen, insbesondere im Gesundheits- und Bildungswesen, tragen die Kirchen. Das ist ein entscheidender, gesellschaftlich stabilisierender Faktor für die Entwicklung des Landes.

Frage: Zum Stichwort Armut. Was unternimmt die Kirche konkret dagegen?

Krämer: Die Kirche ist sehr aktiv im Bildungsbereich - der wirkungsvollste Ansatz, um Armut zu begegnen. Wir haben auch viele Berufsbildungsprojekte für junge Frauen, damit sie eine Existenzgrundlage für ihr Leben haben.

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Video: © katholisch.de

"Wiederverheiratete Geschiedene sind hier kein Thema": Schwester Raphaela lebt und arbeitet seit 40 Jahren in Namibia und Tansania. Aus Erfahrung weiß sie, dass viele in Deutschland diskutierte Themen, wie der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen, in Afrika keine Rolle spielen.

Frage: Sie haben AIDS angesprochen. Wie hilft da die katholische Kirche?

Krämer: AIDS ist nach wie vor ein großes Problem, es hat sich aber auch einiges zum Besseren gewandelt. Die Infektionsrate im Land ist von sieben auf vier Prozent gesunken. Die katholische Kirche ist einer der ganz wichtigen Akteure auf diesem Feld - wie in gesamt Afrika. Jeder vierte AIDS-Kranke in Afrika wird von einer Einrichtung der katholischen Kirche betreut. In Tansania verfolgt sie einen ganzheitlichen Ansatz. Es geht nicht allein um die Betreuung der Kranken, sondern beginnt mit Prävention und Aufklärung. Die Kirche nimmt auch die Gruppen in den Blick, die in besonderer Weise gefährdet sind, sowie diejenigen, die zurückbleiben und versorgt werden müssen. Das sind häufig Kinder, die ihre Eltern verlieren, manchmal auch Großeltern, für die dann gesorgt werden muss, damit sie eine gute Zukunft haben.

Frage: Über Tansania hinaus: Was ist Ihre Botschaft im Weltmissionsmonat an die deutsche Gesellschaft und die Kirche?

Krämer: Es ist eine Solidaritätsaktion. Das ist eben nicht nur eine Frage von Geldmitteln, sondern es geht auch um einen lebendigen Austausch und Dialog. Wir wollen den Blick der Menschen in unserem Land auf die Situation in anderen Ländern weiten - vor allem auch darauf, wie Christen ihren Glauben andernorts leben. Es inspiriert unser kirchliches Leben in Deutschland, wenn wir sehen, dass die christliche Botschaft auch unter ganz anderen Bedingungen als in Deutschland Relevanz besitzt und Menschen Mut gibt, ihr Leben zu gestalten.

Frage: Gibt es etwas, das Sie speziell in diesem Jahr mit dem Monat der Weltmission erreichen möchten?

Krämer: Der Aufruf zur Solidarität gilt auch für uns in Deutschland. Zum Beispiel im Umgang mit der großen Zahl an Flüchtlingen, die zu uns kommen. Wir stehen in der Tat vor einer großen Herausforderung. Aber es ist auch eine große Chance, dass wir viel unmittelbarerer als bisher an globalen Problemen teilhaben und unseren Beitrag leisten können. Wir sollten unsere Verantwortung wahrnehmen und diese Chance nutzen!

Von Gottfried Bohl (KNA)