Historiker zu Echtheit und Bedeutung der Reliquien in Köln

Magier oder Heilige Drei Könige?

Veröffentlicht am 23.07.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Geschichte

Köln ‐ Der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel war ein gewiefter Bursche. Im Jahr 1164 entführte der Kanzler Kaiser Friedrich Barbarossas die Reliquien der Heiligen Drei Könige aus dem eroberten Mailand an den Rhein. Bevor er in Mailand aufbrach, schrieb er einen Brief mit seiner Reiseroute an das Kölner Domkapitel.

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"Angeblich top secret, aber er sorgte dafür, dass seine Feinde Wind davon bekamen", berichtet der Theologe und Buchautor Manfred Becker-Huberti. "Die gingen davon aus, dass er garantiert nicht auf dem beschriebenen Weg fahren werde und lauerten auf allen anderen Routen, um ihm die heiligen Knöchelchen abzujagen - vergebens."

Die Heiligen Drei Könige gehören zu jeder Krippe und Weihnachtsgeschichte dazu. Doch eigentlich ist im Matthäus-Evangelium nur von "Magiern aus dem Osten" die Rede. Wie aus den Magiern und Sternendeutern schließlich Könige wurden, ist eine spannende Geschichte. Denn sie verrät auch etwas darüber, wie die Gebeine der Männer, die angeblich als erste Menschen in Jesus den König aller Könige anbeteten, im mittelalterlichen Deutschen Reich zu politischen Zwecken vereinnahmt wurden.

Die Silhouette der Kölner Altstadt mit Dom (rechts) und Groß Sankt Martin vom Rhein aus gesehen.
Bild: ©xurzon/Fotolia.com

Die Silhouette der Kölner Altstadt mit Dom (rechts) und Groß Sankt Martin vom Rhein aus gesehen.

Am Mittwoch vor 850 Jahren erreichten die Gebeine Köln

Am Mittwoch vor 850 Jahren erreichten die Gebeine die Stadt. Mit einer Vielzahl von Ausstellungen, Vorträgen, Führungen und Gottesdiensten gedenken Kirche und Stadt Köln dieses Ereignisses. Denn durch die Reliquien wurde Köln zu einem der bedeutendsten Wallfahrtszentren des Mittelalters. "Der gotische Dom war Folge des Goldenen Hauses, des Dreikönigenschreins", betont Becker-Huberti. "Der heutige Mittelpunkt Kölns wäre nicht denkbar ohne die Reliquien." Der Besitz der Gebeine der Heiligen Drei Könige trug aber auch dazu bei, die Herrschaft Kaiser Barbarossas zu festigen und gegenüber dem Papst abzusichern.

In diesem Zusammenhang äußern Historiker erhebliche Zweifel daran, dass die in Köln verehrten Reliquien überhaupt echt sind. Sie fragen, ob "die ganze Geschichte nur eine geschickte Inszenierung Barbarossas und seines Kanzlers Rainald von Dassel" gewesen sei. Stutzig macht den Münchner Historiker Ralf Lützelschwab, dass bis zur Entführung der Gebeine aus Mailand in keiner historischen Quelle der selbstbewussten italienischen Stadt von Reliquien der Heiligen Drei Könige die Rede war. Auch von einer Verehrung der Männer, die von der Kirche niemals offiziell heiliggesprochen wurden, schweigen die Zeitzeugen. "Warum hatte in Mailand zuvor kein Hahn nach ihnen gekräht?", fragt sich der Mittelalterexperte.

Wie sind die Gebeine nach Mailand gelangt?

Erst im zeitlichen Zusammenhang mit der Verehrung in Köln tauchen nach seiner Darstellung Legenden und Berichte auf, die von den Heiligen Drei Königen erzählen. Danach soll die heilige Helena, die Mutter Kaiser Konstantins, im Heiligen Land nicht nur das "wahre Kreuz" Jesu, seinen "heiligen Rock" und den Schleier der Gottesmutter Maria, sondern auch die Gebeine der drei Könige entdeckt und nach Konstantinopel gebracht haben. Auch darüber, wie die Gebeine dann nach Mailand gelangten, gibt es nur Berichte aus dem 12. und späteren Jahrhunderten.

Ob Rainald von Dassel und Barbarossa sich der zweifelhaften Echtheit der Reliquien bewusst waren, ist offen. Fest steht, dass der Besitz der angeblichen Gebeine dem Kaiser hoch willkommen war. Denn sie unterstützten Barbarossas Anspruch, ein unmittelbar von Gott gestiftetes Kaisertum innezuhaben, das nicht der Bestätigung durch den Papst bedurfte.

Dazu passte auch, dass der Stauferkaiser im Jahr 1165 Kaiser Karl den Großen (747/748 bis 814) heiligsprechen ließ, dessen Leichnam in Aachen begraben lag. Und schon 1157 hatte Rainald von Dassel als Kanzler Barbarossas die Formel vom "Sacrum Imperium", also vom Heiligen Römischen Reich, in die Urkunden des Kaisers einfügen lassen. Die Formel stützte nicht nur den Machtanspruch des Kaisers, sondern erhöhte auch den Rang der Kölner Kirche und seiner Bischöfe. Die nämlich durften die jeweils neu gewählten deutschen Herrscher am Grab Karls des Großen in Aachen krönen.

Von Christoph Arens (KNA)