Demonstrationen gehen weiter

Am Dienstag verabschiedete die französische Nationalversammlung mit 331 Ja- und 225 Gegenstimmen endgültig das Gesetz zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, das auch ein Adoptionsrecht für Homosexuelle vorsieht. Damit ist Frankreich das 14. Land weltweit, das die "Homo-Ehe" einführt. Bereits im Juni könnten laut der französischen Justizministerin Christiane Taubira die ersten Ehen geschlossen werden. Doch die Debatte um die Familie wird weitergehen.
Bereits das nächste umstrittene Projekt in der Pipeline
"Vater und Mutter - es gibt nichts besseres für ein Kind" steht auf den Plakaten der Gegner; "Gleichheit von Geburt an" und "Die Familie ist heilig". Sieben Monate lang hat das unabhängige Bündnis "Manif pour tous" gekämpft. Für das Recht von Kindern auf einen Vater und eine Mutter und das Recht zu wissen, von wem sie abstammen; gegen eine Verwässerung der Unterschiede zwischen den Geschlechtern, gegen künstliche Befruchtung - das nächste umstrittene Gesetzesvorhaben der Sozialisten - und Leihmutterschaft. Hunderttausende Franzosen gingen in Paris und anderen französischen Städten auf die Straße. Am Dienstagabend wollen die Gegner erneut vor der Nationalversammlung protestieren.
"Für Gleichberechtigung - gegen Homophobie" lautete hingegen der Slogan, mit dem die Befürworter des Gesetzes ebenfalls in ganz Frankreich protestierten. Auch sie wollen am Dienstagabend erneut auf die Straße gehen; eine Demo vor dem Pariser Rathaus ist angekündigt.
Abgeordnete bedroht
In den vergangenen Wochen hatten sich nationalistische und radikale Gruppen unter die Demonstranten gegen die "Homo-Ehe" gemischt. Es kam zu Gewalt gegen Homosexuelle und Polizisten. Zudem wurden sozialistische Abgeordnete und der Vorsitzende der Nationalversammlung bedroht.
Das Thema "Homo-Ehe" hat eine tiefe Kluft in der französischen Gesellschaft aufgezeigt. Auf der einen Seite stehen die Verfechter der traditionellen Familienstrukturen, wie die katholische Kirche - auf der anderen Seite Gruppen, die eine Gleichberechtigung Homosexueller fordern. Laut Umfragen ist auch weiterhin eine deutliche Mehrheit der Franzosen (58 Prozent) für die Öffnung der Ehe für Homosexuelle, auch wenn sie geringer geworden ist. Gleichzeitig sind jedoch 53 Prozent gegen ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare, wie eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts BVA ergab.
Weitere Demonstrationen angekündigt
Mit der heutigen Entscheidung der Nationalversammlung ist die Debatte um die Familie in Frankreich noch nicht zu Ende. Denn die Sozialisten wollen auch die künstliche Befruchtung für lesbische Paare legalisieren. Ende des Jahres soll über einen Gesetzestext beraten werden, derzeit befasst sich die Nationale Ethikkommission mit dem Vorhaben. Das Bündnis "Manif pour tous" befürchtet, dass dann auch irgendwann die Leihmutterschaft zur Debatte steht. Schon vor der Schlussabstimmung der Abgeordneten hatte die Sprecherin des Bündnisses, Frigide Barjot, weitere Demonstrationen für den 5. und 26. Mai in Paris angekündigt. "Wir geben nicht auf. Niemals", so die Katholikin.
Von Bettina Nöth (KNA)