Hund, Katze, Elefant

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Es scheint, als wäre Papst Franziskus keine Regung des "zoon politikon", des geselligen Lebewesens Mensch, fremd. Wie viele kleine und große Fragen des Zusammenlebens hat er schon angeschnitten bei seinen Generalaudienzen, den allmorgendlichen Messen in Santa Marta und in seinen großen Ansprachen. Nun hatte er es mit den Tierfreunden unter uns: Das Wohlergehen von Haustieren dürfe Christen nicht mehr am Herzen liegen als das ihrer Mitmenschen.
"Oft sehen wir Leute, die so sehr an Katzen, an Hunden hängen und dann ihrem Nachbarn, ihrer Nachbarin, die es nötig haben, nicht helfen", so Franziskus. Es könne nicht sein, dass man Mitleid mit Tieren empfinde und gegenüber den Leiden der eigenen Brüder gleichgültig bleibe. Wer wollte dem widersprechen angesichts von Tiersupermarkt-Prospekten, die dicker sind als die von Aldi und Real, und von Tierarztrechnungen, die dem Etat mancher kinderreichen Familie hohnsprechen?
Na klar ist Franziskus tierlieb – dafür bürgt ja schon sein schöpfungsverbundener Papstname. Und von seinem Klerus fordert er sogar den Geruch der Herde ein. Doch es ist nicht ohne Charme, dass er seine Worte fast pünktlich zum 500. Todestag von Hanno spricht. Hanno, das war der Liebling von Franziskus' Renaissance-Vorgänger Leo X.: der Hauselefant jenes Papstes, der sagte, Gott habe ihm das Papsttum verliehen – nun müsse er es auch genießen.
Dieser eher pummelige Pontifex hatte ein kindliches Vergnügen daran, im Vatikan mit seinem Lieblingstier zu spielen. Der superreiche Florentiner Leo X. aus dem Hause Medici (1513–1521) wurde fast auf den Tag genau ein halbes Jahrtausend vor Franziskus zum Nachfolger Petri gewählt – und war so ziemlich sein Gegenteil.
Schon die erste Begegnung mit Hanno am 19. März 1514 versetzte Leo in Entzücken: Das prunkvoll aufgeputzte Geschenk des Königs von Portugal kniete artig vor ihm nieder und trompetete. Dann nahm der Elefant einen tiefen Schluck aus dem Eimer und besprengte die päpstliche Entourage mit Wasser. Verbürgt ist, dass der so weichliche wie genussfreudige, aber neugierige Renaissance-Mensch Leo durchaus Zeit mit seinem Spielzeug verbrachte. Nach dem kriegerisch strengen Julius II. (1503–1513) waren mit Leo X. Spaß und Genuss in die Stadt zurückgekehrt. Martin Luther spottet in einer seiner Schriften über die Elefantenliebe jenes Papstes, der für seine Verschwendungssucht die Ablasspraxis der Kirche in neue Höhen trieb.
Doch genau in jenen Monaten im Frühjahr 1516, als sich Leo lieber Zeit für das "Mönchsgezänk" aus dem kalten Wittenberg genommen hätte, plagten Hanno Atemnot und Verstopfung. Stress? Falsche Ernährung? Die Leibärzte des Papstes bekamen die Sache nicht in den Griff – und verschrieben eine elefantöse Dosis Abführmittel, nach den Gepflogenheiten der Zeit mit ordentlich Gold versetzt.
Die teure Arznei führte zu nichts außer zu Hannos erbärmlichem Tode am 8. Juni 1516. Er wurde ein Kollateralschaden kurialer Dekadenz. Das Epitaph, das Leo seinem Lieblingstier anfertigen ließ, ist nicht erhalten. Es wäre ein besonderer Beitrag zum bevorstehenden Reformationsgedenken.