Religiöser Himmel über Berlin

"In christlichen Kirchen, Moscheen, Synagogen und Tempeln freuten wir uns über junge und alte Menschen, die etwas Neues erfahren oder Altes wieder entdecken wollten", sagt Peter Amsler , Sprecher des Initiativkreises der "Langen Nacht".
10.000 Berliner nachts in Kirchen, Moscheen und Synagogen
Im Unterschied zur Langen Nacht der Museen oder der Wissenschaft, kostet die Veranstaltung die Teilnehmer nichts. Keine Tickets müssen erworben werden. Es gibt aber auch keinen Bus-Shuttle, der Interessierte von der einen zur anderen Kirche oder Mosche bringt. Erstmals beteiligten sich dieses Jahr auch alle Berliner Synagogen. Die Veranstalter hatten Menschen eingeladen in die religiösen Räume zu kommen, dort zu verweilen, hinzuhören, mitzusingen, aber gern auch mitzubeten. Die Vielfalt der Angebote reichte von Kirchenführungen, Konzerten, Lesungen und Gesprächskreisen bis zu Vorträgen, Gebetstreffen und Meditationen.
"Geld zur Vorbereitung, etwa zur Drucklegung für Flyer, Annoncen oder Poster, gab es vom Berliner Senat: einen kleineren fünfstelligen Betrag", erzählt Amsler, der hauptberuflich Referent bei der Bahai-Gemeinde Berlin ist. Weil die Veranstalter mit einem überschaubaren Etat arbeiten, sei "viel ehrenamtlich über die Bühne gegangen". Nach Veranstalterangaben haben 10.000 Menschen die Angebote angenommen. "Doch unser Erfolg bemisst sich nicht allein in Zahlen – wichtiger sei für mich zum Beispiel die Qualität der Gespräche", betont Peter Amsler. Man habe auch nicht unbedingt die Gläubigen der Hauptstadt im Fokus. "Die Lange Nacht ist ein Angebot an alle Berlinerinnen und Berliner. Es geht uns um Begegnungen auf Augenhöhe; missionieren wollen wir nicht!"
Das Basisprojekt wird vom Berliner Senat gefördert
Auch die Erwartungen von Thomas Schimmel von der franziskanischen Vereinigung "1219. Religions- und Kulturdialog" wurden erfüllt, "weil nun Türen geöffnet wurden, die normalerweise geschlossen sind". Er vermutet übrigens, "dass die offizielle evangelische und katholische Kirche sich noch zurückhaltend geben, weil es jedes Jahr zu Pfingsten die offenen Kirchen gibt und einige Amtsträger auf keinen Fall durch so eine offene Veranstaltung die kleinen Religionsgemeinschaften aufwerten wollen."
Pater Kalle Lenz von St. Christophorus in Berlin-Neukölln.
Stefan Förner, Sprecher des Erzbistums Berlins, konnte oder wollte hingegen auf die Frage, warum kein offizieller Vertreter der katholischen Kirche im Initiativkreis mitwirkte, keine klare Antwort geben. Er verwies nur lapidar darauf, dass "sich ja einige katholische Gemeinden" beteiligten. Dazu Amsler: "Weder die katholische Kirche noch die Evangelische Landeskirche sitzt bei uns unmittelbar am Tisch." Die lange Nacht sei ein "Basisprojekt und von unten gewachsen", beteuert er, der alle 700 Gemeinden in Berlin zur Mitwirkung direkt einlud.
Katholische Kirche bietet Führungen auf dem Kirchturm an
"Letztes Jahr waren wir noch die einzige katholische Gemeinde, die sich an der langen Nacht beteiligte", sagt Pallottiner-Pater Kalle Lenz von St. Christophorus in Berlin-Neukölln. Zur Langen Nacht spielte hier eine Band, es gab Kirchturmführungen und den Film "Heilig Geist Power". "Besonders unsere Kirchturmführungen locken viele Fremde an", betont Pater Lenz, "weil sie so einfach einmal über das Szeneviertel Nord-Neukölln bis zum Fernsehturm schauen können." Der Pfarrer gibt auch offen zu, dass er die Lange Nacht der Religionen nutzt, "um unser Profil 'sozial – spirituell – kulturell' – zu verkaufen".
Zum Schluss einer jeden Veranstaltung im Rahmen der langen Nacht wünschte sich Peter Amsler ein stilles oder offenes Gebet: "für den Frieden in Berlin". Schirmherr der Langen Nacht der Religionen war übrigens der Katholik und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Und weil auch diese Lange Nacht schon heute als Erfolg von den Initiatoren eingestuft wird, gehen sofort die Planungen für die 3. Lange Nacht der Religionen los: Die soll es am 2. September 2014 in Berlin geben – in der neuen "Hauptstadt der religiösen Vielfalt".
Von Rocco Thiede