Das Maximilian-Kolbe-Werk feiert 40-jähriges Bestehen

"Jetzt nicht nachlassen"

Veröffentlicht am 26.09.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Hilfswerke

Bonn ‐ Die Aufgabe hat sich in vier Jahrzehnten nicht geändert, es geht immer noch um Versöhnung. Die Methode ist jedoch eine ganz andere: Wenn sich heute die Mitarbeiter des Maximilian-Kolbe-Werks mit ehemaligen Häftlingen im Konzentrationslager Auschwitz treffen, um das 40-jährige Bestehen des Hilfswerks mit einem Gedenkgottesdienst zu feiern, steht die Hilfe für die Überlebenden nicht mehr allein im Vordergrund.

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Stattdessen sind die Mitarbeiter des Maximilian-Kolbe-Werks bemüht, die Erinnerung an die dunkelste Stunde der Menschheit wachzuhalten. Wie im Januar dieses Jahres, als junge Journalisten aus Deutschland und Polen auf Einladung des Kolbe-Werks nach Auschwitz gefahren sind und sich von Zeitzeugen das Lagerleben erklären ließen. Gleichzeitig werden Überlebende des Holocaust in deutsche Schulen eingeladen, um den Kindern und Jugendlichen aus ihrem Leben zu berichten. "Wer heute am europäischen Haus bauen will, muss die Geschichte der NS-Zeit kennen", meint Kolbe-Werk-Geschäftsführer Wolfgang Gerstner.

Ein besonderer Moment

Laut Gerstner entstand die Idee zu dem Hilfswerk bei einer Sühnewallfahrt nach Polen. Zwei ehemalige Häftlinge hatten die Pilger durch das KZ Auschwitz geführt. "Und in dieser besonderen Situation entstand die Idee, die Überlebenden zu unterstützen", so Gerstner. Zunächst gab es dann einzelne Spendeninitiativen. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken brachte schließlich das Kolbe-Werk als katholische Hilfsorganisation auf den Weg.

N?chstenliebe bis in den Tod
Bild: ©dpa

Maximilian Kolbe (1894-1941) auf einer undatierten Zeichung eines Mithäftlings im KZ Auschwitz.

Namensgeber ist der 1941 von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager Auschwitz ermordete Franziskaner Maximilian Kolbe (1894-1941). Er war anstelle eines Mithäftlings und Familienvaters freiwillig in den berüchtigten "Hungerbunker" gegangen. Sitz der Hilfsorganisation ist Freiburg im Breisgau. Die vor allem aus Spenden und Kollekten getragene Organisation hatte zuletzt einen Etat von rund 1,6 Millionen Euro, der für Hilfsmaßnahmen für rund 5.500 KZ- und Ghetto-Überlebende aufgewandt wurde. Insgesamt wurden nach Angaben der Organisation in den vergangenen 40 Jahren Hilfsprojekte in Höhe von 70 Millionen Euro organisiert.

Trotz des erweiterten Angebots hat sich das Kolbe-Werk von den Hilfsdiensten keineswegs verabschiedet: "In Notsituationen wie Krankheit, anstehenden Operationen oder hohen Arztrechnungen zahlen wir direkte Hilfsgelder aus", so Gerstner. Hinzu kamen Kuren in Deutschland, häusliche Pflege und ein sozialmedizinisches Zentrum in Lodz. Gerstner schätzt, dass es noch 20.000 bis 30.000 KZ- und Ghetto-Überlebende gibt, um die sich das Hilfswerk kümmern müsse. Zudem nehme sich das Werk den behinderten Kindern ehemaliger Häftlinge an, "denn in den Nachkriegsjahren wurden von den NS-Überlebenden signifikant viele behinderte Kinder geboren. Man hat diese Behinderungen auch als Folge der Haft diagnostiziert."

Alarmsignal für die Jugend

Dennoch gelte es, den Blick nach vorne zu richten: "Es gibt genügend Anzeichen zu mahnen, dass wir nicht nachlassen dürfen, junge Menschen in den Schulen und Universitäten darüber zu unterrichten, was im deutschen Namen an Unrecht über Europa gebracht wurde." Laut einer Forsa-Umfrage im dem vergangenen Jahr konnten zwar 90 Prozent der Befragten auf Anhieb sagen, dass Auschwitz für ein Konzentrations- bzw. Vernichtungslager steht. Doch bei Menschen unter 30 Jahren konnte schon jeder fünfte nichts mit dem Begriff anfangen.

Für Gerster ein Alarmsignal: "Wir haben einen Bildungsauftrag, junge Menschen zu schulen, was Werte und Demokratie und Verantwortung in unserer Gesellschaft angeht." Dann komme man schnell zu Fragen im Hier und Heute: "Wie gehen wir mit Migranten um, mit Menschen am Rande, mit Minderheiten und Menschen, die unsere Hilfe brauchen?" (mit Material von KNA)

Von Michael Richmann