Licht der Hoffnung in dunkler Zeit

2016 hat wenige Hoffnungszeichen für eine gute Entwicklung der Menschheit gebracht. Wieder hinterließ die terroristische Gewalt in vielen Teilen der Welt ihre Spuren. Der Nahe und Mittlere Osten produziert eine Schreckensmeldung nach der anderen; die Zerstörung Aleppos ist zum Sinnbild für den Niedergang einer ganzen Weltregion geworden. In Folge der Konflikte wurden wieder Millionen von Menschen entwurzelt - die meisten Vertriebene im eigenen Land oder in den Flüchtlingscamps der Nachbarstaaten gestrandet, nicht wenige aber auch auf dem Weg in ferne Länder.
Ende des kooperativen internationalen Systems?
Um der Probleme Herr zu werden, bedürfte es größerer Anstrengungen und vermehrter gemeinsamer Bemühungen der Staatengemeinschaft. Aber 2016 könnte als ein Jahr in die Geschichte eingehen, in dem eine gegenläufige Entwicklung Fahrt aufgenommen hat. In den westlichen Ländern, die über Jahrzehnte hinweg als Stützen eines kooperativen internationalen Systems in Erscheinung getreten sind, macht sich Müdigkeit breit und ein Gefühl der Überforderung angesichts der Gefahren und Probleme. Die Vorstellung, man solle sich auf sich selbst (und nur auf sich selbst!) besinnen, sich auf niemand anderen verlassen und der Welt den Rücken zuwenden, gewinnt an Boden.
"In der Adventszeit beten wir besonders für die Opfer von Flucht und Verfolgung, für Frieden in der Welt und die Schlichtung von Konflikten", so Erzbischof Stefan Heße in seinem Gastbeitrag.
Was sonst bedeuten der wachsende Zuspruch für rechtspopulistische Bewegungen (auch in Deutschland), die Entscheidung der britischen Bevölkerung für den Austritt des Landes aus der EU und der Sieg des "America first"-Kandidaten Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl in den USA? Diese Ereignisse haben eines gemeinsam: den Willen zum Rückzug aus gemeinsamer internationaler Verantwortung und die Konzentration auf die eigenen Probleme und Interessen. Stets bläst der Wind dabei den Flüchtlingen und Migranten besonders ins Gesicht. Sie drohen als erste Opfer des neuen nationalstaatlichen Revivals und nationalistischer Stimmungen zu werden.
Weihnachten hat eine andere Botschaft. In jedem Jahr hören wir von einem Gott, der als Mensch in die Geschichte eintritt, um ihr eine grundlegend neue Richtung zu geben: Er ist das "Licht", das in die Dunkelheit der "Welt" kommt, der Retter, der Gewalt und Schuld überwindet. Dieser Gott handelt nicht im Gestus weltlicher Herrschaft. Nicht im imperialen Gewaltakt tritt er der Menschheit entgegen. Gerade das ist die Botschaft der Weihnachtserzählung: Gott kommt in der Schutzlosigkeit eines Kindes. Er lässt sich in aller Verletzlichkeit ein auf die Schreckensgeschichte der Menschheit, am Kreuz wird er selbst zum Opfer der Gewalt - und ebenso, dies ist die Pointe des Christentums, deren Bezwinger, aber nicht mit hochherrschaftlicher Gewalt, sondern in dienender Liebe.
Es ist daher auch weder Zufall noch Beiwerk, dass die biblische Weihnachtsgeschichte Jesus als Flüchtling porträtiert. Um ihn vor dem mörderischen Plan des Königs Herodes zu retten, müssen Maria und Joseph mit dem Kind nach Ägypten fliehen, um dort Unterschlupf zu finden, bis die Gefahr vorüber ist. Der Flüchtling ist ein Archetypus des bedrohten und verletzten Menschen. Auf sein Geschick lässt Gott sich ein.
Weihnachten: Gott wird Mensch
"Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude": So beginnt der Bericht des Evangelisten Lukas über die Geburt Jesu, die Christen alljährlich am 25. Dezember feiern. Das Dossier informiert über die Bedeutung von Weihnachten, bekannte Bräuche sowie spannende Hintergründe rund um das Fest.Christen in der Nachfolge Jesu können sich ebenso wenig wie ihr Herr den Widrigkeiten der Welt, der Gewalt und den menschlichen Abgründen entziehen. Wir müssen uns einlassen auf einen Gott, der seinen Blick (und unseren Blick!) auf die Not der Menschen lenkt. Die verengte Perspektive, die nur noch die eigene Gruppe, das eigene Volk oder die eigene Nation wahrnehmen will, ist das Gegenteil von Weihnachten. Interesse an den Leidenden, auch denen außerhalb der eigenen Tore - das lässt hingegen etwas von jenem Gott erkennen, dessen Interesse an uns Menschen soweit ging, Mensch zu werden und das Schicksal der Menschen bis zur Neige auszukosten.
Öffnen wir unsere Herzen jetzt!
In der jetzt zu Ende Adventszeit beten wir besonders für die Opfer von Flucht und Verfolgung, für Frieden in der Welt und die Schlichtung von Konflikten. In diesen Tagen richtet sich unser Gebet insbesondere an die Angehörigen der Opfer und die Verletzten der Gewalttat in Berlin. In unseren Gebeten sollten wir nicht nur in die Welt hinaus blicken, sondern auch wachsam sein für Konflikte, die vor unserer Haustür, in unserer Stadt, in unserem Land passieren. Lassen wir uns ein auf Weihnachten, das Fest der Nächstenliebe. Begegnen wir den Menschen um uns mit Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Lassen wir unsere Herzen nicht verschlossen, sondern öffnen wir sie für unseren Nächsten. Jetzt.