So zitieren wir im Alltag unbewusst die Heilige Schrift

Diese zehn Redewendungen kommen aus der Bibel

Veröffentlicht am 05.04.2017 um 13:20 Uhr – Lesedauer: 
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Bonn ‐ Achtung, Floskelalarm! Diese Sprichwörter haben biblischen Hintergrund - sei es wörtlich oder im übertragenen Sinn. Vielleicht fällt diese Erkenntnis Ihnen nun auch "wie Schuppen von den Augen".

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1. Ein Herz und eine Seele sein

Apg 4,32: Die Menge derer, die gläubig geworden waren, war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam.

Freunde, Liebende, Familie: Wer sich sehr nahe steht, ist "ein Herz und eine Seele". Dieser Ausdruck geht auf die Anfänge des Christentums nach Jesu Tod zurück und beschreibt das Zusammenleben der Menschen in der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem. Idealtypisch teilten sie alles, was sie hatten.

2. Auf Herz und Nieren prüfen

Ps 7,10: Die Bosheit der Frevler finde ein Ende, doch dem Gerechten gibt Bestand, der du Herzen und Nieren prüfst, gerechter Gott.

Unter dieser Redewendung läuft alles, was gründlich geprüft wurde. Im alten Israel galten die Nieren als Sitz des Gewissens. Das Herz wird bis heute als Synonym für Empfindungen gesehen. Die Bibelstelle, in der dieser Ausspruch seinen Ursprung hat, findet sich im Buch der Psalmen. Gott allein ist fähig, den Gerechten zu erkennen, indem er ihn bis auf sein Innerstes prüft.

3. In Abrahams Wurstkessel schwimmen

Hebr 7,9-11: Und in Abraham hat sozusagen auch Levi, der den Zehnten nimmt, den Zehnten entrichtet, denn er war noch in der Lende des Stammvaters, als Melchisedek ihm entgegenging!

Wer zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht geboren war, befand sich laut Redewendung in Abrahams Wurstkessel. Als der große Urvater Abraham den Hohepriester Melchisedek traf, war sein Urenkel Levi noch nicht geboren. Aus der Lende wurde im Laufe der Zeit der Wurstkessel.

4. In jemandes Fußstapfen treten

1 Petr 2,21: Dazu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt.

Am Beispiel der Haussklaven erklärt Petrus den Menschen, wie sie am besten Jesu nachfolgen können. Auch heute werden die Fußstapfen metaphorisch verwendet, wenn etwa in der Arbeit eine Stelle neu besetzt wird. Erfüllt "der Neue" seine Aufgabe nicht so gut, wie sein Vorgänger, waren die "Fußstapfen zu groß".

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Video: © katholisch.de

Was ist die Bibel? Ein Beitrag der Serie "Katholisch für Anfänger".

5. Im Schweiße meines Angesichts

Gen 3,19: Im Schweiße deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zum Erdboden zurückkehrst; denn von ihm bist du genommen. Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück.

Wer eine Aufgabe nach hohem Aufwand gemeistert hat, spricht noch heute vom Schweiße seines Angesichts. Doch jeder sollte sich an die Herkunft des Sprichwortes erinnern. Am paradisischen Beginn der Menschheit war laut biblischer Überlieferung Arbeit gar nicht notwendig. Erst nach dem Sündenfall muss der Mensch seine eigene Kraft aufwenden, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen.

6. Bis hierher und nicht weiter

Hiob 38,8-11: Wer verschloss das Meer mit Toren, als es schäumend aus dem Mutterschoß entquoll, als Wolken ich zum Kleid ihm machte, ihm zur Windel dunklen Dunst, als ich ihm ausbrach meine Grenze, ihm Tor und Riegel setzte und sprach: Bis hierher darfst du und nicht weiter, hier muss sich legen deiner Wogen Stolz?

Es gibt Grenzen, die nicht überschritten werden sollen. Solche setzte Gott dem Meer bei der Erschaffung der Welt. Doch der Ausspruch ist nicht in der Schöpfungsgeschichte im Buch Genesis zu finden, sondern in der Gottesrede im Buch Hiob.

7. Jemanden zum Sündenbock machen

Lev 16, 9: Aaron soll den Bock, für den das Los „für den Herrn“ herauskommt, herbeiführen und ihn als Sündopfer darbringen.

Wer jemand anderen für seine Fehler verantwortlich macht, sucht sich einen Sündenbock. Das geht auf die Hohenpriester des Volkes Israel zurück, welche die Sünden der Menschen durch Handauflegung auf Ziegenböcke übertrugen. Daraus entwickelte sich außerdem ein zweites Sprichwort:

Jemanden in die Wüste schicken

Lev 16, 10: Der Bock, für den das Los „für Asasel“ herauskommt, soll lebend vor den Herrn gestellt werden, um für die Sühne zu dienen und zu Asasel in die Wüste geschickt zu werden.

Bei einer Trennung schickt man den Verflossenen sprichwörtlich in die Wüste. Ursprünglich wurde auch der Sündenbock des Volkes Israel tatsächlich in die Wüste verbannt, damit er die Sünden der Israeliten in die Einöde trägt.

Fluchen und jubeln – Gottes Namen auf den Lippen

"Potzblitz", werden Sie am Ende des Artikels vielleicht rufen. Zurecht: Denn zum A und O unserer Sprache gehören auch viele Sprichwörter. Viele von ihnen stammen aus der Bibel - man könnte fast sagen, es gibt sie wie Sand am Meer...

8. Gegen den Strom schwimmen

Sir 4,26: Schäme dich nicht, deine Sünden zu bekennen und stelle dich nicht der Strömung eines Flusses entgegen.

Etwas entgegen der Norm tun? Das, was heute zum Ausdruck gebracht wird, hat in der Bibel einen ernsthaften Hintergrund. Menschen, die Weisheit suchen, sollen sich nach den Maßstäben im ersten Teil des Buchs Jesus Sirach richten. In diesem Kapitel werden rechte und falsche Scham behandelt. Letztere führt zur Sünde, die zu bekennen ist. Gegen den Strom zu schwimmen ist daher also laut der Bibel nicht erstrebenswert.

9. Über den Jordan gehen

Jos 1,2: Mein Knecht Mose ist gestorben. Mach dich also auf den Weg und zieh über den Jordan hier mit deinem ganzen Volk in das Land, das ich ihnen, den Israeliten, geben werde!

Dieser Ausdruck ist im heutigen Sprachgebrauch nicht geographisch zu verstehen. Vielmehr umschreibt er einen Todesfall. Der größte Fluss Palästinas hat in der Bibel einen besonderen Stellenwert. Über den Jordan sollen die Israeliten ins gelobte Land einziehen. Später wurde dies zum Symbol für das Himmelreich.

10. Nichts Neues unter der Sonne

Koh 1,9: Was geschehen ist, wird wieder geschehen, was getan wurde, wird man wieder tun: Es gibt nichts Neues unter der Sonne.

Alles schon mal dagewesen - stimmt, jedenfalls für dieses Sprichwort.  Bereits im Buch Kohelet ist es zu finden. Die Entstehungszeit des Buches lässt sich wahrscheinlich auf das 2. Jahrhundert vor Christus zurückdatieren. Zunächst wird dort die Lehre des Kosmos entworfen: Menschen sterben, die Erde bleibt, Neues gibt es nichts.

Von Julia Martin

Linktipp: Unsere Bibel

Im Grunde ist schnell erklärt, was die Bibel ist: Die anerkannten Schriften von der Erschaffung der Welt bis zur Entstehung der ersten christlichen Gemeinden. Allerdings greift die Erklärung zu kurz.