ZdK will Kontakte zu katholischen Laien in Polen vertiefen

"Unterschiedliche Auffassungen und Einendes"

Veröffentlicht am 27.10.2017 um 13:38 Uhr – Lesedauer: 
Laien

Krakau ‐ Derzeit besucht eine Delegation des ZdK Polen, um Kontakte zu polnischen Laien zu knüpfen. Katholisch.de hat mit ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann über Beweggründe und Ziele gesprochen.

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Frage: Was war der Grund dafür, dass das ZdK Kontakte zu polnischen Laienkatholiken neu knüpfen will?

Kortmann: Wir haben bereits seit Jahrzehnten Kontakte zu Laien in Polen, auch institutionalisierte, die über das Europäische Laienforum gehen. Aber wir haben uns im letzten Jahr Sorgen gemacht über die Entwicklung der politischen Lage in Polen, über immer größere Ressentiments gegenüber der EU-Mitgliedschaft und immer weniger Mitsprache für zivilgesellschaftliche Organisationen. Nach Gesprächen mit polnischen Partnern in Berlin haben wir entschieden, mit einer Delegation von elf Personen nach Krakau und Warschau zu fahren, um unsere Kontakte zu verstetigen. Dabei wollen wir zum einen über Europa sprechen: über die Werte, die wir Katholiken in die europäische Weitergestaltung einbringen können und über die uns verbindenden Themen, bei denen wir mehr politische Einflussnahme übernehmen müssen, etwa beim Lebensschutz oder beim problematischen Auseinanderdriften Europas. Zum anderen wollen wir auch schauen, wie wir unsere Zusammenarbeit im Rahmen des Laienkatholizismus intensivieren können.

Frage: Gibt es in Polen ein vergleichbares Gremium  wie das ZdK?

Kortmann: Der Nationalrat der katholischen Laien KRKS ist vergleichbar. Deren Präsident arbeitet auch im Europäischen Laienforum mit. Im Austausch mit dem KRKS merken wir, dass wir etwa unterschiedliche Auffassungen haben, wie stark sich katholische Laien in die Politik einmischen sollten oder ob es eine Distanz zu politischen Prozessen gibt. Da haben wir aufgrund der Geschichte beider Länder unterschiedliche Erfahrungen. Aber es ist auch wichtig, zu fragen, was uns eint und wie wir auf unsere jeweilige Regierung zugehen können, um die Werte von Nächstenliebe und Menschenwürde etwa beim Thema europäisches Asylrecht Geltung zu verschaffen.

Frage: Der KRKS hat nicht einmal einen Vertreter pro Diözese, sondern insgesamt 14 vom jeweiligen Erzbischof einer Kirchenprovinz benannte Vertreter: Wenn man sich die Zusammensetzung anschaut, wirkt er eher wie eine Art "verlängerter Arm" der Bischöfe und scheint sehr verschieden vom ZdK zu sein…

Kortmann: Es ist richtig, dass die Konstituierung der katholischen Laienvertretungen in Polen anders ist als in Deutschland. Wir haben in Deutschland einen enormen Freiraum, der sich über die lange Geschichte der katholischen Organisationen entwickelt hat, sich unabhängig von der Amtskirche eine Verfasstheit zu geben. Polen hingegen war jahrzehntelang unter kommunistischer Herrschaft und das Land genießt erst seit gut 25 Jahren wieder Freiheitsrechte. Da kann man nicht die gleichen Maßstäbe erwarten wie bei uns.

Aber was wir den Katholiken in Polen wünschen ist, dass Selbstorganisation und Mitbestimmung auch im kirchlichen Gefüge stärker entwickelt werden kann. Denn die Laien sind zwar von Bischöfen ernannt, haben aber trotzdem ein eigenes Verständnis davon, was sie als Laien gegenüber geweihten Persönlichkeiten einbringen können. Es sind Personen, die auch in Politik, in gesellschaftlichen Positionen und in kirchlichen Bereichen tätig sind und eine Vielfalt in das katholische Polen hineinbringen, die allen gut tut.

Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Karin Kortmann ist Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und Vorstandsmitglied von CARE.

Frage: Also kommt den katholischen Laien in dem Land eine wichtige Bedeutung zu?

Kortmann: Ja, denn die Katholiken in Polen haben sich nie ihre Stimme verbieten lassen. So war etwa die große katholische Verlagsgruppe Znak auch während des Kommunismus, wie auch in der Zeit der Demokratisierung und jetzt in der Gegenwart selbstverständlich tätig. Sie fordern Demokratieteilhabe und Transparenz ein und kritisieren viele Veränderungen in der polnischen Gesellschaft und Politik heftig. Sie stehen für das andere, freiere Polen ein, dass sie sich gemeinsam erkämpft haben.

Frage: Sie sprechen mit dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk und dem Polnischen Jugendring. Worum geht es da?

Kortmann: Wir wollen von den Jugendverbänden hören, was junge Polen von ihrer Zukunft erwarten und wie sie die Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten in Polen und  außerhalb von Polen sehen. Die junge Generation ist es, die den europäischen Gedanken lebendig halten und ausgestalten muss. Wir erleben derzeit aber leider, dass es in Polen eher zu einem nationalen Denken zurückgeht und nicht zu einer guten Nachbarschaftspolitik. Deshalb wollen wir aufeinander zugehen. Wir wünschen uns, dass die Polen dieselben guten Bildungschancen haben wie wir, gute Löhne und Teilhabe an der europäischen wirtschaftlichen Entwicklung. Wir wollen uns mit der derzeitigen Situation, dass sie aus der Not heraus in Deutschland für wenig Geld auf den Feldern und in der Pflege arbeiten, nicht zufrieden geben.

Frage: Geht es bei den Gesprächen mit der Katholischen Jugendvereinigung auch um die Weltbischofssynode zum Thema junge Menschen?

Kortmann: Ja, wir sind neugierig, zu hören, mit welchen Vorschlägen die katholische Jugend Polens kommenden Herbst an den Papst herantreten will. In Deutschland sind die Jugendverbände ja gut etabliert und treten selbstbewusst in einem Wechselverhältnis zwischen innerkirchlicher und politischer Interessenvertretung auf, das Stichwort lautet da "Mystik und Politik". Wir sind gespannt, wie das in Polen ist und wie weit das Evangelium sie dazu trägt, sich politisch zu engagieren. Bislang ist das so, dass sie sehr stark in Verkündigung und Gebet tätig sind – was auch richtig und gut ist – aber Jugendverbände müssen sich auch dafür einsetzen, dass die Politik auf die Bedürfnisse der jungen Leute einzugehen hat.

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Frage: Wie schätzt das ZdK die Rolle der Kirche in Polen mit Blick auf die eher von Abschottung geprägte Politik der aktuellen Regierung des Landes ein?

Kortmann: Wir erleben da die Kirche des Landes sehr gespalten. Wir sehen die Reformansätze unserer Gesprächspartner, aber wir erleben auch ein Episkopat, das die Trennung von Staat und Kirche scheinbar nicht immer ganz akzeptiert, sondern die nationalistisch geprägte Politik mit unterstützt. So etwas zerreißt die Kirche von Polen, deshalb ist es wichtig auf das Einende zu schauen. Mit Blick auf die Demokratie hat der Geschäftsführer des Verlags Znak, Henryk Wozniakowski, dem ZdK gegenüber ein problematisches Bild gezeichnet: Die so ersehnte Demokratie liege immer noch nicht vor und die regierende Partei PIS stehe nicht für eine Erneuerung des Staates. Die Regierung zentralisiere die Macht, kontrolliere die Medien, tausche die Eliten aus, reformiere das Bildungswesen in eine rückwärtsgerichtete Richtung. Katholische Gläubige müssten sich dagegen stärker wehren, sagt er.

Frage: Was erhofft sich das ZdK von dieser Reise für die Zukunft?

Kortmann: Ich würde gerne meinen Kontakt über das Europäische Laienforum zu unseren polnischen Partnern auf das gesamte ZdK ausweiten und wäre für einen regelmäßigen Austausch – mindestens zweimal im Jahr. Das ZdK sollte diesen Austausch zu einer der wichtigsten europäischen Kooperationsmöglichkeiten ausbauen und die Brücken nach Osten offen halten. Deutschland hat die längste Grenze zu Polen und es ist eines unserer wichtigsten Nachbarländer. Die Katholiken, die in der Diktatur groß geworden sind, haben ein anderes Verständnis zu staatlichen Organisationen und vertrauen auf die Demokratie, die für sie nicht selbstverständlich ist. Die Polen können uns also helfen, den Mehrwert von Demokratie wieder mehr zu schätzen und sich dafür stark zu machen.

Von Agathe Lukassek

Mehr Informationen

Am Freitag und Samstag ist eine Delegation von elf ZdK-Mitgliedern Polen, um Kontakte zu polnischen Laien zu vertiefen. Am Freitag nehmen sie an einer internationalen Konferenz der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung an der Johannes Paul II. Universität in Krakau teil. Dabei geht es um die "Rolle der katholischen Kirche im Prozess der europäischen Integration". Am Samstag stehen in Warschau Gespräche mit der "Katholischen Aktion", der Katholischen Jugendvereinigung sowie dem Nationalrat der katholischen Laien KRKS an. Zudem treffe man den Geschäftsführer der großen katholischen Verlagsgruppe Znak, den Erzbischof von Warschau, Kardinal Kazimierz Nycz sowie nicht-kirchliche Jugendorganisationen, sagte Kortmann. (luk)