Nutzlose Kirchen gibt es nicht

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Mich ergreift sowas. Ein kleines Bildchen im Feuilleton: Ein einsamer Turm, das Letzte, was vom "Immerather Dom" noch stehengeblieben war, daneben ein Trümmerhaufen, ein Abrisskran. Denkmalschutz hin oder her, die Braunkohle war wichtiger, RWE hat sich durchgesetzt - wieder mal. Ein kurzes Aufflackern von Empörung und ein Seufzen. Mein Empörungskonto ist heillos überzogen: Massakrierte Kopten, Syrien, Afrika, die Indolenz unserer "Realpolitik" - was wäre nicht alles wichtiger als eine dreischiffige neoromanische Kirche mit ihren vierzig Meter hohen Doppeltürmen?
Aber es ist ja nicht nur die Braunkohle, die für Verhältnisse sorgt, in denen die Kirchen nutzlos werden. Die Zahl der Kirchgänger wird kleiner, da muss man im (erz)bischöflichen Ordinariat groß denken, vor allem realistisch und den Niedergang mit ein bisschen Trauerarbeit und vor allem mit solider Administration begleiten. Groß und größer werden jetzt die Pfarreien. Werden da tatsächlich noch alle Kirchen gebraucht? Vielleicht kann man sie ja auch umnutzen oder Funktionskirchen daraus machen: Kunstkirche, Meditationskirche, Jugendkirche mit Kuschelrock, ein Kolumbarium für die Eingeäscherten… In Limburg wurde aus der Friedhofskapelle ein stimmungsvolles Restaurant, und in der profanierten Kirche des ehemaligen Klosters Johannisberg können jetzt auch Atheisten heiraten.
"Leerraum – Spielraum – Zwischenraum. Vom Nutzen der Umnutzung sakraler Gebäude" – so heißt das Thema beim diesjährigen Kölner "Aschermittwoch der Künstler". Ob ich da mal hingehe?
Als Monotheist bin ich allerdings fest davon überzeugt: Nutzlose Kirchen gibt es nicht. Kirchen, das sind jene Räume, die aus dem totalitären Nutzenkalkül herausgesprengt wurden. Sie sind Denkmäler des Übernützlichen. Polytheisten hatten nützliche Götter. Alle waren sie "für etwas gut": Kein menschliches Interesse ohne himmlische Adresse. Götter sollten sich nützlich machen, wo die eigenen Kräfte zu schwach waren. JHWH dagegen war einfach nur da. Kirchen, die, voll oder leer, einfach nur da sind, sind oft die schönsten.