Wie es um den traditionellen Kirchenberuf steht

Küster, Mesner, Sakristan – Ein Job mit Zukunft?

Veröffentlicht am 27.01.2018 um 13:24 Uhr – Von Tobias Glenz – Lesedauer: 
Küster, Mesner, Sakristan – Ein Job mit Zukunft?
Bild: © KNA
Arbeit

Bonn ‐ Immer mehr Kirchen werden geschlossen. Welche Folgen hat das für den Beruf des Küsters? Katholisch.de sprach mit dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Sakristanenverbände.

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Die Kirche auf- und zuschließen, die Gottesdienste vor- und nachbereiten, das Kirchengebäude selbst und seine Außenanlagen in Schuss halten: Das alles und noch viel mehr fällt in den Aufgabenbereich eines Küsters – auch Mesner oder Sakristan genannt. Bei seiner Arbeit steht das Gotteshaus im Zentrum. Wenn nun immer mehr Kirchen im Zuge von diözesanen Strukturreformen geschlossen werden, kann das nicht ohne Folgen für den traditionellen Kirchenberuf bleiben. Klaus Alexander Probst ist Mesner an der Basilika St. Peter in Dillingen an der Donau und Vorsitzender der "Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Sakristanenverbände". Im katholisch.de-Interview spricht der 48-Jährige darüber, wie sich die derzeitigen kirchlichen Entwicklungen auf seinen Berufsstand auswirken und wie es um dessen Zukunft bestellt ist.

Frage: Herr Probst, Kirche und Glaube spielen in der Gesellschaft eine immer geringere Rolle. Entscheiden sich heute überhaupt noch junge Männer und Frauen Küster zu werden?

Probst: Ich bin seit knapp 30 Jahren im Geschäft und kann sagen, dass sich in dieser Zeit kaum etwas geändert hat: Wir haben nach wie vor auch junge Menschen, die sich für diesen Beruf entscheiden. Allerdings gibt es Nachwuchs aus allen Altersschichten. Viele ältere Menschen schulen später auf Mesner um. Wirklich groß ist das Interesse vor allem im Teilzeitbereich: Da gibt es zum Beispiel Frauen, die sich für den Beruf entscheiden, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Oder Männer, die schon im Ruhestand sind und sich noch eine Nebenbeschäftigung suchen und dann erst im Rentenalter einsteigen. Nachwuchsprobleme haben wir derzeit jedenfalls sicher noch nicht.

Frage: Haben Sie Zahlen?

Probst: Die Zahlen für den gesamten deutschsprachigen Raum haben wir nicht zentral erfasst. In meiner Heimatdiözese Augsburg schreiben wir jedoch zweimal im Jahr einen "Neumesnerkurs" aus. Da haben wir pro Kurs Anmeldezahlen von teilweise über 80 Personen. Im Schnitt fangen im Bistum Augsburg pro Jahr etwa 100 Menschen neu als Mesner an.

Frage: Das verwundert schon etwas. Es muss ja dementsprechend auch Stellen geben, und der Trend ist derzeit, dass immer mehr Kirchen geschlossen werden...

Probst: Das stimmt, allerdings haben wir da im süddeutschen Raum noch nicht die Probleme, die es in den nord- oder westdeutschen Bistümern schon gibt. Dazu kommt noch ein anderes Phänomen, das in den letzten zehn, 20 Jahren zu beobachten ist: Immer häufiger teilen sich mehrere Personen eine Stelle. Das hängt sicher damit zusammen, dass viele nicht Wochenende für Wochenende, Feiertag für Feiertag Dienst haben wollen, sondern eben auch mal ein Wochenende frei haben möchten, wo dann ein Kollege einspringt. Es können sich durchaus auch mehr als zwei Personen eine Stelle teilen.

Bild: ©Privat

Klaus Alexander Probst ist Basilika-Mesner in Dillingen, Diözesanleiter des Mesnerverbandes der Diözese Augsburg, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der süddeutschen Mesnerverbände sowie Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Sakristanenverbände.

Frage: Also geht der Trend in Ihrem Berufsstand hin zu Teilzeitstellen...

Probst: Es gibt eindeutig immer mehr Mesner, die in Teilzeit arbeiten. Im Bistum Augsburg haben wir insgesamt etwa 2.000 Sakristane und davon sind 200 vollbeschäftigt, also nur 10 Prozent. Dazu kommt übrigens ein weiteres Phänomen: Die Frauen sind auf dem Vormarsch, und das ist eine flächendeckende Entwicklung. Es ist zu beobachten, dass Vollzeitstellen zwar nach wie vor hauptsächlich von Männern bekleidet werden, Teilzeitstellen und ehrenamtliche Stellen aber verstärkt von Frauen. Das war vor einer Generation noch ganz anders. Insgesamt dürften mittlerweile schon insgesamt 60 bis 70 Prozent der Mesner Frauen sein.

Frage: Welche Auswirkungen hat denn das Phänomen der Großpfarreien auf den Küsterberuf? Pfarreien werden zusammengelegt, Kirchen geschlossen: Da fallen natürlich auch Stellen weg…

Probst: Generell muss ich sagen: Solange es Kirchen und Gottesdienste gibt, gibt es auch Mesner. Aber man merkt die derzeitigen Entwicklungen schon am Stundenumfang: Wenn ein Pfarrer mehrere Pfarreien zu betreuen hat, fallen natürlich auch Gottesdienste weg. Weil ein Teil unserer Arbeitszeiten sich aber nach den Gottesdiensten bemisst, geht der Stundenumfang natürlich runter. Gerade im Hinblick auf die hauptamtlichen Mesner, bereitet es mir Sorgen, dass manche einfach nicht mehr vollbeschäftigt sind. Und das bestimmt derzeit auch unsere Arbeit in den Mesnerverbänden: Wir suchen nach kreativen Lösungen, wie man Vollzeitstellen halten kann.

Frage: Haben Sie Lösungsvorschläge?

Probst: Das kann dadurch gelingen, dass ein Mesner weitere Aufgaben in einer Großpfarrei übernimmt. Dann kümmert er sich also nicht ausschließlich um "seine" Kirche, sondern auch um andere Gebäude, die die Pfarrei besitzt, und übernimmt dort Hausmeistertätigkeiten. Beispielsweise in einem kirchlichen Kindergarten oder im Pfarrheim. Wenn aber Kirchen ganz wegfallen, weil sie abgegeben oder sogar abgerissen werden, dann ist das natürlich eine ganz problematische Entwicklung auch für uns, denn dann fallen Küsterstellen komplett weg. Das ist zurzeit zwar eher im norddeutschen Bereich der Fall als im süddeutschen, aber das Thema Pfarreiengemeinschaften bzw. Pfarrverbände kommt immer mehr auch auf uns in Süddeutschland zu.

Bild: ©Michael Kniess

Ein Küster bereitet den Gottesdienst vor und legt die noch nicht konsekrierten Hostien in die Schale.

Frage: Man hat den Eindruck, im Küsterdienst wird mehr und mehr auf Ehrenamtliche gesetzt. Können Sie das bestätigen?

Probst: Das ist von Diözese zu Diözese ganz unterschiedlich. Gerade im Bistum Augsburg versucht man jede Stunde, die in dem Bereich geleistet wird, auch zu bezahlen. Es hängt einerseits wohl ein großes Stück weit von den finanziellen Möglichkeiten der einzelnen Diözesen ab: In einem eher finanzschwachen Bistum wie Essen wird vielleicht stärker auf Ehrenamtliche gesetzt als woanders. Aber auch gewachsene Strukturen können eine Rolle spielen: Im Bistum Eichstätt zum Beispiel ist es seit jeher so, dass der Mesnerdienst von vielen Ehrenamtlichen geleistet wird.

Frage: Sehen Sie es denn als problematisch an, wenn der Küsterdienst künftig vielleicht immer mehr an Ehrenamtliche ausgelagert wird?

Probst: Natürlich kann das zum Problem werden: Wo nur noch auf Ehrenamt gesetzt wird, werden die bezahlten Stellen kaputtgemacht. Eine weitere Problematik liegt auch in der Unverbindlichkeit: Ein Ehrenamtlicher kann ja von jetzt auf gleich sagen: "Mir gefällt das nicht mehr, ich höre morgen auf." Da fehlt dann in der entsprechenden Kirche der Mesner. Wenn man vertraglich gebunden ist, geht das nicht so einfach. Außerdem haben ehrenamtliche Mitarbeiter nicht immer das nötige Wissen und die Fähigkeiten, die ein Küster mitbringen muss. Einem Angestellten kann der Pfarrer eine Schulung anordnen, bei Ehrenamtlichen ist das eher schwierig. Auf ehrenamtliche Arbeit zu setzen, kann also gut gehen, und ich weiß, dass es in vielen Pfarreien gut funktioniert, es kann aber auch zum Problem werden. Nichtsdestotrotz hat auch ein angestellter Mesner darauf zu schauen, dass er sich einen gewissen Pool an Ehrenamtlichen bei Laune hält. Denn manche Arbeiten sind alleine nicht zu schaffen: Ich denke da zum Bespiel an das Aufstellen der Weihnachtsbäume und den Krippenaufbau. Da braucht man einfach helfende Hände.

Verbandsarbeit der Küster

Im deutschsprachigen Raum geschieht die Verbandsarbeit der Küster zum einen in diözesanen Verbänden (wobei nicht jedes deutsche Bistum über einen eigenen verfügt). Diese wiederum können regional zusammengeschlossen sein – so etwa zur "Arbeitsgemeinschaft der süddeutschen Mesnerverbände", dem die neun Verbände der bayerischen und baden-württembergischen Diözesen angehören. Die regionalen Bündnisse schließlich sind in der Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Sakristanenverbände (ADS) zusammengefasst. Der ADS gehören folgende Regionalbündnisse an: die "ZKD-Fachgruppe Sakristane" (für die nord- und westdeutschen Bistümer), die Arbeitsgemeinschaft der süddeutschen Mesnerverbände, die Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Mesnerverbände, der Mesnerverband der Diözese Bozen-Brixen, der Schweizer Sakristanenverband mit Liechtenstein. (tmg)

Frage: Dass es Verbandsarbeit von Küstern gibt, dürfte vielen Menschen neu sein. Was sind denn die Aufgaben der "Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Sakristanenverbände" (ADS)?

Probst: Der Erfahrungsaustausch steht dabei im Mittelpunkt: Wir beraten über neue Entwicklungen und Herausforderungen für unseren Berufsstand und erstellen davon ausgehend Konzepte und Arbeitshilfen, die an die einzelnen Mitgliederverbände weitergegeben werden. Unter anderem haben wir zwei Handbücher für den Sakristanendienst veröffentlicht. In den einzelnen Diözesanverbänden geht es zum Beispiel auch um die Beratung in arbeitsrechtlichen Fragen. Sie sind in diesem Sinne vielleicht vergleichbar mit einer "Küster-Gewerkschaft". Außerdem machen wir konkrete Bildungsarbeit und organisieren Einführungs- und Fortbildungskurse. Was uns derzeit sowohl in der ADS als auch auf regionaler Ebene besonders beschäftigt, ist der Wandel unseres Berufs in den kommenden Jahren.

Frage: Und wie sieht der aus? Anders gefragt: Wie wird es um den Küsterberuf in vielleicht 30 Jahren bestellt sein?

Probst: Die zunehmende Säkularisierung wird sicher eine Herausforderung sein. Auch wenn es nach wie vor Nachwuchs gibt, wird es vermehrt schwierig werden, qualifiziertes Personal zu gewinnen. Ich brauche als Mesner ja auch ein Gespür und eine Liebe zur Liturgie. Und das fällt weg, wenn immer weniger Menschen kirchlich sozialisiert sind. Der Wandel besteht auch darin, dass die Pfarrer in den Großpfarreien immer mehr Verwaltungsaufgaben übernehmen müssen. Da kann es gut sein, dass dem Mesner künftig verschiedene Aufgaben zufallen, die bislang vom Pfarrer erledigt wurden. Zum Beispiel sich mit einem Brautpaar vor der Hochzeit noch einmal zu treffen und die Liturgie durchzuspielen. Möglicherweise fallen sogar einzelne seelsorgliche Aufgaben an. Wo ein Mesner mehrere Kirchen zu betreuen hat, wird außerdem die organisatorische Herausforderung immer größer: Reparaturen, Bestellung von Kerzen und Blumenschmuck oder gerade auch das Aufstellen der Weihnachtsbäume und der Krippe – das alles für verschiedene Kirchen parallel managen zu müssen, ist schon eine logistische Herausforderung. Mesner wird es also auch in Zukunft noch geben, es muss sie sogar geben, weil ohne sie rund um das Kirchengebäude nichts laufen würde. Aber sie werden ein größeres Ganzes im Blick haben müssen und mehr "in Bewegung" sein als bislang.

Von Tobias Glenz