Kammerdiener dreier Päpste Angelo Gugel gibt erstes Interview

Wandern und Wunder mit Wojtyla

Veröffentlicht am 24.04.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Attentat auf Papst Johannes Paul II. am 13. Mai 1981 durch den türkischen Terroristen Mehmet Ali Agca. Der Papst sinkt nach den Schüssen im Papamobil zusammen.
Bild: © KNA
Vatikan

Mailand ‐ Er stützte Johannes Paul II. nach dem Attentat, war mit dem Wojtyla-Papst auf dessen berüchtigten heimlichen Ausflügen und auch bei der Todesstunde anwesend. Kammerdiener Angelo Gugel gab nun sein erstes Interview.

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Als am 13. Mai 1981 die Schüsse auf dem Petersplatz fielen, war es Angelo Gugel, der Papst Johannes Paul II. (1978-2005) festhielt, während das Papamobil davonbrauste. Gugel war der Kammerdiener des Papstes aus Polen, aber nicht nur von ihm. In seinen 27 Jahren in dem Job war er auch der "Butler" von Johannes Paul I. (1978) und von Benedikt XVI. (2005-2013) in den ersten Monaten des Pontifikats. Die ganze Zeit über, auch nach seiner Pensionierung, hat Gugel nicht über seine Arbeit gesprochen. Bis jetzt. Am Montag erschien das erste Interview des Ex-Kammerdieners in der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera".

Päpstliches "Wunder" im Jahr 1980

Darin erzählt Gugel von einem "Wunder", das der 2014 heiliggesprochene Papst bereits 1980 an seiner Frau bewirkt haben soll. Nachdem ihr erstes Kind tot zur Welt kam, gelobte das Paar, jedem ihrer Kinder "Maria" als Zweitnamen zu geben. Sie bekamen zwei Mädchen und einen Jungen, berichtet Gugel, der am Freitag 83 Jahre alt wird.

Als sie das nächste Mal schwanger warde, hatte seine Frau so schwerwiegende Probleme mit der Gebärmutter, dass die Ärzte der Gemelli-Klinik sagten, die Schwangerschaft könne nicht fortgeführt werden. An dem Tag, an dem der Kaiserschnitt geplant war, feierte Johannes Paul II. die Morgenmesse für Gugels Frau. Tatsächlich überlebten Mutter und Tochter die Geburt, die in dem Moment stattfand, als der Papst das Hochgebet begann. Das Mädchen wurde nach zwei Päpsten benannt: Carla Luciana Maria.

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Gugel, der zunächst bei der päpstlichen Gendarmerie arbeitete,  wurde nach der Wahl Albino Lucianis zum Butler der Päpste. Mord-Theorien zum schnellen Tod des 33-Tage-Papstes weist er in dem Interview zurück: "Das ist Unsinn. Am Nachmittag vor seinem Tod ging es dem Papst nicht gut." Er habe ihm eine Tablette gebracht und habe mitbekommen, wie Johannes Paul I. seine Sekretäre nach einem Buch des heiligen Alfons Maria von Liguori zum Thema Tod fragte.

Die erste Zeit mit Johannes Paul II. habe er damit verbracht, dem Papst aus Polen die richtige Aussprache und Betonung seiner Predigten beizubringen. Schon zwei Monate später erlaubte sich der Papst Scherze mit seinem Kammerdiener: "Wenn ich manche Worte falsch betone ist es zu 50 Prozent die Schuld von Angelo", sagte Johannes Paul II. zu Gugels Ex-Kollegen von der Gendarmerie.

Papst Johannes Paul II. Ausflug 2004 in Castel Gandolfo
Bild: ©picture alliance / AP Photo

Kammerdiener Angelo Gugel, Privatsekretär Stanislaw Dziwisz, Papst Johannes Paul II. und Gendarme Massimo Illuminati bei einer Fahrt am 20. September 2004 durch den päpstlichen Sommersitz Castel Gandolfo.

Weiter berichtet Gugel, dass es mehr heimliche Ausflüge des sportlichen Papstes gab, als die Zeitungen berichteten. So habe der Pontifex die Berge der Abruzzen geliebt. Ansonsten habe es keine Extrawürste – pardon, Pierogi – für den Polen gegeben. Johannes Paul II. habe stets das gegessen, was auf den Tisch kam und nie beim Essen nach etwas anderem verlangt. Für Italiener gewöhnungsbedürftig mag da gewesen sein, dass Johannes Paul II. Parmesan so sehr mochte, dass er ihn auch in seinen Salat gab.

Neun Monate unter Benedikt

Auch für Benedikt XVI. hat der Kammerdiener neun Monate gearbeitet, obwohl er damals bereits 70 Jahre alt war. Sein Nachfolger war Paolo Gabriele, der geheime Dokumente kopierte und an die Medien weitergab. "Ich habe das erwartet. Ich sollte ihn einarbeiten. Aber er schien mir nicht daran interessiert zu sein, zu lernen", lautet Gugels Kommentar. Nach seiner Emeritierung hat Gugel immer wieder sporadisch für den Papst gearbeitet, etwa den ganzen August 2010 am Sommersitz Castel Gandolfo. Erst vor kurzem habe er seinen ehemaligen Chef besucht, dem es "glänzend" gehe. "Nur die Beine sind schwach; er muss die Messe im Sitzen feiern."

Am lebhaftesten erinnert Gugel sich an den 2. April 2005, den Todestag von Johannes Paul II. Seine ganze Familie habe sich versammelt, um von dem Papst Abschied zu nehmen. Als letzte sei die damals 25-jährige Carla Luciana Maria in den Raum gekommen. Johannes Paul II. habe die Augen geöffnet und gelächelt. "Als wollte er ihr sagen: 'Ich erkenne dich, ich weiß wer du bist.'"

Von Agathe Lukassek