US-Forscher werten hunderte Todesanzeigen aus

Todesanzeigen verraten: Gläubige leben länger

Veröffentlicht am 19.06.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Todesanzeigen verraten: Gläubige leben länger
Bild: © KNA
Wissenschaft

Bonn ‐ Todesanzeigen und Nachrufe verraten viel über das Leben der Menschen. Forscher in den USA haben sich das zunutze gemacht. Mit ihrer außergewöhnlichen Studie haben sie vor allem eine Frage verfolgt.

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Wissenschaftler in den USA haben gläubigen Menschen anhand der Auswertung ihrer Todesanzeigen eine längere Lebenszeit nachgewiesen. Laut dem Team der Ohio State University lebten religiöse Personen in bestimmten Fällen fast zehn Jahre länger als Religionslose, berichtet die Universität auf ihrer Homepage. Die Studie der Psychologen erschien in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Social Psychological and Personality Science".

Anders als in früheren Studien zur Lebenserwartung religiöser Menschen, die sich auf die Selbstauskunft der Probanden stützen, hatten die Forscher in Ohio Todesanzeigen und Nachrufe in Zeitungen ausgewertet. In zwei Proben wurden über 1.500 Beispiele nach Hinweisen zum religiösen Leben der Verstorbenen untersucht. Dabei registrierten die Wissenschaftler neben der religiösen Zugehörigkeit auch das Geschlecht, den Lebensstand sowie Erwähnungen sozialer und ehrenamtlicher Aktivitäten.

Religiöse leben teilweise mehr als neun Jahre länger

"Der Einfluss der Religion auf die Lebenserwartung war beinahe so groß wie beim Geschlecht, was eine Frage von mehreren Lebensjahren ist", erklärte Studienleiterin Laura Wallace im Bericht der Universität. Den größten Effekt konnte sie mit ihrem Team  in den Anzeigen des "Des Moines Register" von Januar und Februar 2012 ausmachen. Die insgesamt 505 Todesmeldungen der Tageszeitung aus Iowa zeigten demnach eine durchschnittlich bis zu 9,45 Jahre höhere Lebenserwartung von religiösen Menschen. Unter Berücksichtigung der ebenfalls einflussreichen Faktoren Lebensstand und Geschlecht lag der Abstand noch bei 6,48 Jahren.

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"Ob Beten zum längeren oder zum kürzeren Leben führt, ist völlig egal", sagt der Theologe und Psychiater Manfred Lütz: Gesundheit ist keine Religion. Im Christentum komme es auf etwas ganz anderes an. (Artikel von August 2017)

In der zweiten, deutlich größeren Probe fielen die Unterschiede der Lebenserwartung zwischen religiösen und nichtreligiösen Personen ebenfalls signifikant aber deutlich geringer aus. Laut den 1.096 Nachrufen aus 42 Städten in den USA, die zwischen August 2010 und August 2011 veröffentlicht wurden, lebten die gläubigen Menschen durchschnittlich 5,64 Jahre länger. Wiederum unter Einbeziehung ihres Lebensstandes und des Geschlechts sank der Unterschied auf 3,82 Jahre.

Forscher: Dankbarkeit und Gebet verlängern das Leben

Teilweise dürfte die höhere Lebenserwartung der Gläubigen auf ihr ehrenamtliches Engagement und die soziale Vernetzung in der Glaubensgemeinschaft zurückzuführen sein. Laut den Forschern sorgten diese Faktoren allerdings im Schnitt nur für ein um etwa ein Jahr längeres Leben. "Die Religionszugehörigkeit hat darüber hinaus noch große Vorteile, die dadurch nicht erklärt werden können", so Wallace. Als Beispiel nannte sie religiöse Verhaltensnormen, die etwa ungesundes Verhalten wie Drogenkonsum oder Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partnern untersagen. Auch Praktiken wie Gebet und Meditation oder auch nur eine Haltung der Dankbarkeit können sich laut den Forschern positiv auswirken. (kim)