#MeTwo in muttersprachlichen Gemeinden

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Der junge Aktivist Ali Can hat auf Twitter eine Kampagne gestartet, die seit Wochen grandiose Wellen schlägt. Ausgelöst durch das Statement von Mesut Özil, warum er die Fußball-Nationalmannschaft verlässt, twitterte Can, dass es in Deutschland möglich sein müsse, zwei (zum Beispiel kulturelle) Identitäten zu haben und dass es nicht angehen kann, dass im Deutschland des Jahres 2018 noch immer alltäglicher Rassismus salonfähig ist.
Vielleicht ist Ali Can innerkirchlich noch unbekannt, aber seine Kampagne hat auch für die katholische Kirche in Deutschland hohe Relevanz. Bereits jetzt haben etwa im Bistum Essen 17 Prozent der Gläubigen eine Migrationsgeschichte und können von zwei Identitäten erzählen. Unsere Kirche ist auf Einheit in der Vielfalt ausgelegt – zumindest theoretisch. In der Praxis leben muttersprachliche Gemeinden oft ein eigenes Leben innerhalb der Pfarreien. Sie feiern in ihrer Sprache, mit ihren Liedern und kulturellen Besonderheiten lebendige und sehr gut gefüllte Gottesdienste. Die Bindung an die eigene Gemeinde ist bei vielen dieser Menschen besonders groß, auch weil sie hier ein Stück Herkunft feiern, während sie ansonsten längst in Deutschland zu Hause sind.
Diese Glaubens- und Lebensweise sollte ein Vorbild sein: nicht nur für die vielen katholischen Gemeinden, die sich wieder mehr Lebendigkeit in der Kirche wünschen, sondern auch für die vielen, die meinen, sie hätten einen Absolutheitsanspruch auf Wahrheit. Wahrheit und Identität sind in der heutigen Welt längst nicht mehr "in Stein gemeißelt", sondern fluide, sich stetig wandelnde Motive. Wenn wir das als Christinnen und Christen anerkennen könnten, wäre mancher innerkirchliche Konflikt leichter zu beheben. Denn wer anerkennt, dass es Situationen gibt, wo sowohl man selbst als auch der andere Recht hat, verzichtet auf den eigenen alleinigen Wahrheitsanspruch.
Ganz konkret für den Umgang mit den vielen Gläubigen in Deutschland, die in zwei Kulturen zu Hause sind, heißt das: Sie sind genauso Teil unserer Pfarreien wie der alteingesessene Bibelkreis oder die Gemeindecaritas. Und das muss sich in den Pfarreien und auf Diözesanebene zeigen. Durch Wertschätzung und Dialog.