Wie das Martinsfest Menschen zusammen bringt

Lisa und das Martinslicht

Veröffentlicht am 07.01.2015 um 00:27 Uhr – Lesedauer: 
Vorlesegeschichte

Bonn ‐ Lisa ist stolz auf ihre wunderschöne Laterne für den Martinszug. Doch als sie einen neuen Nachbarn aus einem fernen Land trifft, stellt sie sich eine wichtige Frage: Was würde der heilige Martin tun? Eine Vorlesegeschichte über Mitgefühl und das Teilen.

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Lächelnd macht Oma die Haustür hinter ihrer Enkelin zu. "Lass uns in die Küche gehen. Da ist es schön warm und hell. Außerdem will ich mir deine neue Laterne doch ganz genau anschauen."

Lisa ist stolz auf ihre schöne Laterne. Sie hat sich große Mühe gegeben. Sonne, Mond und Sterne hat sie ausgeschnitten und mit Transparentpapier sorgfältig hinterklebt. Besonders stolz ist sie aber auf das Pferd. Es sollte ein schönes Pferd werden, auf dem Sankt Martin mit seinem Mantel sitzt. Und der Bettler, der sollte auch zu erkennen sein. Obwohl es nicht ganz einfach war – sie hat es geschafft. "Das ist wirklich eine besonders schöne Laterne geworden", lobt Oma und betrachtet sie von allen Seiten.

Noch drei Tage

"Bis zum Martinszug sind es noch drei Tage", sagt sie nach einer Weile. "Bis dahin könnte deine neue Laterne unsere Küche schmücken. Wir stellen sie auf die große Fensterbank. Dann können alle Leute, die vorbeigehen, die schöne Laterne sehen." Lisa denkt nach. Eigentlich findet sie die Idee von Oma gut, aber etwas fehlt noch. "Ich hab's", ruft sie plötzlich. "Wir holen alle Laternen aus dem Keller, die ich schon gebastelt habe, und damit schmücken wir die ganze Küche. Dann haben wir ein richtiges Martinszimmer." "Die Idee ist prima!", sagt Oma. "Dann mal los. Auf in den Keller!"

Im Keller steht ganz schön viel Zeug herum: alte Spielsachen von Lisa, olle Kochtöpfe, große und kleine Koffer und jede Menge Kartons. Vorsichtig räumen die beiden den Weg zum großen Schrank in der Kellerecke frei. Dann holen sie eine Laterne nach der anderen aus dem Schrank: die Mondlaterne, die Lisa letztes Jahr gebastelt hat, eine Gänselaterne, selbst die Prickellaterne aus dem Kindergarten hat Oma aufbewahrt. Voll bepackt machen sich die beiden auf den Weg zurück in die Küche.

Gottesdienstbausteine

Materialien für einen Kindergottesdienst an Sankt Martin bietet das Kindermissionswerk an.

"Ich glaube", sagt Oma, "das wird das schönste Martinszimmer in der ganzen Straße!" Lisa muss lachen, und weil es gerade so schön ist, fangen beide an zu singen. Sie singen "Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind" und "Ich geh' mit meiner Laterne..." Dabei gehen sie mit jeder Laterne eine Runde um den Esstisch. Erst danach stellen sie sie feierlich auf die Fensterbank oder hängen sie mit einem Band auf. Plötzlich sieht Lisa nachdenklich aus dem Fenster. "Oma, da drüben steht ein kleiner Junge am Zaun. Er schaut die ganze Zeit zu uns rüber." Oma blickt nach draußen. "Ach so, das ist Frederic. Er ist vor kurzem mit seiner Familie ins Nachbarhaus eingezogen. Er wundert sich sicher, was wir beide hier für seltsame Sachen machen."

Ein Martinszimmer

"Sankt Martin ist doch nicht seltsam." Lisa ist entrüstet, dass Oma so redet. "Na, für uns nicht, aber für Frederic ganz sicher. Bis vor einem Jahr lebte seine Familie noch im Kongo, das ist ein Land in Afrika. Dort wird die Geschichte vom heiligen Martin wahrscheinlich nicht erzählt und Laternen wie deine hat er bestimmt noch nie gesehen." Lisa schaut Oma nachdenklich an: "Glaubst du, dass ihm meine Laternen gefallen?" "Ganz bestimmt", sagt Oma überzeugt. "Geh doch und lade ihn in unser Martinszimmer ein, dann kann er sich alle Laternen aus der Nähe anschauen."

"Oma, wenn Frederic keine Laterne hat, kann er ja gar nicht beim Martinszug mitgehen?", fragt Lisa. "Da hast du wahrscheinlich recht", sagt Oma. "Aber wenn ich all' die Laternenlichter auf unserer Fensterbank sehe, dann frage ich mich: Was würde wohl der heilige Martin an unserer Stelle machen?"

Lisa überlegt nicht lange. Ihre Oma ist wirklich eine schlaue Oma. Lisa öffnet die Tür und winkt Frederic zu. "Hallo Frederic", ruft sie, "komm doch zu uns rein". Zögernd geht Frederic auf Lisa zu. Weil er die Sprache nicht gut versteht, weiß er nicht so genau, was er tun soll. Aber Lisa lacht ihn so freundlich an, dass er ihr in die Küche folgt. Dort hat Oma schon das Licht ausgemacht. Draußen ist es dunkel und auf der Fensterbank leuchten die Lichter der Laternen besonders bunt und schön. Mit großen Augen schaut Frederic die vielen bunten Laternen an.

Eine Laterne für Frederic

"Oma, glaubst du, Frederic würde gerne eine Laterne mit nach Hause nehmen?" "Das würde ihn bestimmt sehr freuen", antwortet Oma. Lisa geht zur Fensterbank und zeigt auf die leuchtenden Laternen. "Komm, such dir eine Laterne aus", sagt sie. "Ich schenke dir eine." Zögernd geht Frederic zur Fensterbank. Lange schaut er die Lichter an. Dann zeigt er auf eine Laterne und strahlt. Vorsichtig nimmt Lisa die Laterne von der Fensterbank und gibt sie ihm. "Weißt du was?", sagt Lisa. "In drei Tagen komme ich dich abholen, dann gehen wir gemeinsam zum Martinszug." "Danke", flüstert Frederic leise.

Dann geht er stolz mit der Laterne nach Hause. "Das war wirklich nett von dir", lobt Oma Lisa, "doch was wäre gewesen, wenn er sich deine neue Laterne ausgesucht hätte?" "Ach Oma, daran habe ich gar nicht gedacht", sagt Lisa, "aber der heilige Martin hätte darüber sicher auch nicht nachgedacht." Oma lacht. "Ja, Lisa, ich glaube, das hätte er wirklich nicht."

(Quelle: Kindermissionswerk "Die Sternsinger")