Standpunkt

Die Fastenzeit ist keine Brigitte-Diät!

Veröffentlicht am 22.03.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Rank und schlank mit Jesus Christus? Die vorösterliche Fastenzeit trägt in unserer Gesellschaft mittlerweile teilweise absurde Blüten. Unser Autor Björn Odendahl gesteht: Das nervt.

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Ich gebe es zu. Die Fastenzeit nervt mich in den vergangenen Jahren immer mehr. Dabei bin ich eigentlich kein Kulturpessimist. Niemand, der den Kindern Halloween nicht gönnt, weil das Gruselfest mehr Beachtung findet als Allerheiligen. Und niemand, der den Weihnachtsmann an den Pranger stellt, weil er sich optisch erst beim Nikolaus bedient und dann damit vermeintlich auch noch erfolgreicher ist als das Original.

Man könnte also auch vorösterlich voll Freude jauchzen: Halleluja, das Fasten wird auch von denen ernst genommen, die – vorsichtig formuliert – mit den kirchlichen Riten und Bräuchen im restlichen (Kirchen)Jahr eher wenig in Berührung kommen. Es wird verzichtet, was das Zeug hält: kein Alkohol oder kein Nikotin, kein Fett oder kein Zucker. Die Härtesten verzichten gleich auf alles. Höher, schneller, weniger! Besteht hier vielleicht sogar die Chance für ein niederschwelliges pastorales Angebot? "Rank und schlank mit Jesus Christus"?

Generell ist sicher nichts dagegen einzuwenden, den Körper einmal im Jahr von Giftstoffen zu befreien. Aber die vorösterliche Bußzeit ist weder Detox-Programm noch Brigitte-Diät. Und vor allem ist sie kein Wettkampf. Die ganze Absurdität zeigt sich in den Fragen, die einem aktuell gerne entgegenschlagen: Warum fastest du nur 40 statt 46 Tage? Sind die Sonntage dein "Cheat day"? Dass es eben nicht um einen minutiös einzuhaltenden Ernährungsplan geht, dessen Erfolge mit einem Stück Schokolade gefährdet sind, stößt meist auf Unverständnis. Aber ja, wenn man so will, ist der Sonntag ein "Cheat day". Schließlich hat Christus den Tod "ausgetrickst", um im Bild zu bleiben, und ist auferstanden – und das dürfen wir gebührend feiern!

Sicher ist die Fastenzeit auch eine Zeit des Verzichts. Aber ein "Weniger" statt ein "Gar nicht", ein bewusster Genuss, kann effektiver auf Ostern vorbereiten als ein knurrender Magen. Wer Liebgewonnenem eine Zeitlang entsagt oder Gewohnheiten durchbricht, der ist frei und schafft Platz. Vielleicht, um häufiger mal ein Gebet zu sprechen als sonst. Vielleicht auch, um wieder einmal in der Bibel zu lesen. Was die Fastenzeit aber nicht ist: Selbstzweck und Selbstgeißelung.

Von Björn Odendahl

Der Autor

Björn Odendahl ist Chef vom Dienst bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.