Katholische Verbände kämpfen erstmals gemeinsam für das Frauendiakonat

"Zeichen der Zeit"

Veröffentlicht am 29.04.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Frauenhände mit Rosenkranz
Bild: © KNA
Tag der Diakonin

Bonn ‐ Gedenktag der Katharina von Siena 2013: Die katholischen Frauenverbände, das Zentralkomitee der Katholiken und das Netzwerk Diakonat der Frau begehen den "Tag der Diakonin" zum ersten Mal gemeinsam.

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Ein deutliches Zeichen für den Aufbruch in ein neues katholisches Zeitalter wäre die Weihe von Frauen zur Diakonin. Ein Thema, das in Deutschland und vielen anderen Ländern schon seit hundert Jahren schwelt, immer wieder an die Oberfläche treibt, nur um bald darauf wieder von der Tagesordnung zu verschwinden.

Letzteres wollen die katholischen Frauenverbände, das Zentralkomitee der Katholiken (ZdK) und das Netzwerk Diakonat der Frau nicht hinnehmen. Deshalb begehen sie den heutigen "Tag der Diakonin" in diesem Jahr zum ersten Mal gemeinsam.

"Es geht darum, das Thema in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken und ihm eine öffentliche Bedeutung zu verleihen", sagt Irmentraud Kobusch, Vorsitzende des Netzwerks. "Die Zeit ist einfach reif", betont sie. Die Frauen würden immer ungeduldiger und die Kirche vertue eine Chance, wenn sie sich an dieser Stelle nicht bewege. "Es zeichnet sich schon länger ab, dass sich die jüngere Generation keinen langen Atem mehr haben wird." Zu lange sei die Frage schon unbeantwortet.

Vom Konzil zur Synode

Schon im Vorfeld des Zweiten Vatikanischen Konzils hatte Papst Johannes XXIII. die Frauenfrage als eines der drei "Zeichen der Zeit" benannt. Eine der vielen kleinen Revolutionen rund um das Vatikanum, die elf Jahre später dafür sorgte, dass das Thema Frauendiakonat auf der Tagesordnung der Würzburger Synode stand.

Nach dem Willen der Veranstalter sei der "Tag der Diakonin" vor allem zu Gunsten der Kirche, wie Irmentraud Kobusch erklärt. "80 Prozent des Dienstes am Menschen wird in der Kirche von Frauen verrichtet. Das heißt, die Kirche würde ganz viel an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn die Frauen im Amt des Diakonats präsent wären", sagt sie.

Bild: ©KNA

Irmentraud Kobusch ist die Vorsitzende des Netzwerks Diakonat der Frau und stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (kfd).

Natürlich könnten die Frauen Kranke pflegen oder sich um Obdachlose kümmern, ohne dafür die Weihe empfangen zu haben. Aber: "Einige dieser Frauen fühlen sich zum Amt der Diakonin berufen." Das Netzwerk hat diesen Frauen vor einigen Jahren die Möglichkeit geboten, dieser Berufung nachzuspüren und sich für Leitungsdienst in einer diakonischen Kirche zu qualifizieren.

Vorbild der Männer

Die Idee geht auf das Vorbild der Männer in den 50er Jahren zurück. Als damals der Ruf nach der Wiedereinführung des ständigen Diakonats laut wurde, schlossen sie sich zu Diakonatskreisen zusammen und ließen sich zu Diakonen ausbilden. Und nachdem das Konzil den Weg für das ständige Diakonat freigemacht hatte, konnten sie schnell geweiht werden.

Es geht aber um mehr, als um die reine Vorbereitung für den Fall der Fälle, macht Irmentraud Kobusch deutlich: "Die 23 Frauen, die wir bisher ausgebildet haben, geben dem weiblichen Diakonat ein Gesicht und ihrer Hoffnung eine Berufungsgeschichte. Und sie tragen auch dazu bei, im Leben zu erproben, was das eigentlich heißen könnte: Diakonat der Frau."

Vielen Theologen und Amtsträgern sträuben sich bei Aussagen wie diesen die Haare. Das deutliche Verbot von Papst Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis" aus dem Jahr 1994 gilt für viele auch als klare Absage an das Frauendiakonat. Zugleich bezweifeln sie, dass das Amt der Diakonin in der Frühkirche die gleiche Qualität wie das Männerdiakonat gehabt habe.

"Dieser Argumentationsspur hat sich bei der Frühjahrs-Vollversammlung der Bischöfe auch Kardinal Walter Kasper angeschlossen", sagt Irmentraud Kobusch. Auch wenn sein Vorschlag eines alternativen Diakonenamtes für Frauen auf den ersten Blick wie ein großes Zugeständnis aussehe, überzeuge es die katholischen Frauen nicht.

"Dieses Sonderamt würde durch Segnung und nicht durch Weihe übertragen und damit würde eine über Jahrhunderte in der Kirche existierende Diskriminierung von Frauen wieder neu aufgelegt", sagt Kobusch.

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Video: © Sarah Schortemeyer

Kardinal Walter Kasper regt an, der Diskussion um die Rolle der Frau in der Kirche eine neue Richtung zu geben.

Historische Belege

Auch theologische Argumente gegen Frauen als Diakoninnen sieht das Netzwerk Diakonat der Frau widerlegt. Die Befürworterinnen des sakramentalen Frauendiakonats verweisen auf "neuere ämtertheologische Ansätze seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und klare historische Belege, dass es bis ins Mittelalter hinein Diakoninnen gab, deren Amt durch Weihe übertragen worden ist." Es gebe Weiheformulare aus den ersten Jahrhunderten, die gleichen Weiheformulare für Männer und Frauen.

So sehr ihre Hoffnungen am innerkirchlichen Dialogprozess in Deutschland hängen, so klar ist auch: Die Entscheidung über das Frauendiakonat ist eine gesamtkirchliche und wird in Rom getroffen. "Dass Papst Franziskus so deutlich eine demütige und dienende Kirche fordert, die sich den Armen zuwendet, das hat uns überrascht und sehr gefreut", so die Vorsitzende des Netzwerks.

Und Hoffnung auf mehr gemacht. "Es sind gute Signale, dass Franziskus sein Plädoyer auch mit Handlungen unterstreicht - wie etwa bei der Fußwaschung am Gründonnerstag im Gefängnis."

Denn, so betont Irmentraud Kobusch, die Forderung des Netzwerks nach weiblichen Diakonen sei untrennbar mit der Forderung nach einer diakonischen Kirche verknüpft. "Wir sehen die Kirche im Wort und in der heilenden Tat auf Seite der Notleidenden". Katholiken müssten sich auf diese Dimension deutlicher besinnen und sie klarer sichtbar werden lassen. "Das sind für uns die Zeichen der Zeit und deshalb ist das Diakonat der Frau so dringlich und so wichtig für die Zukunft unserer Kirche."

Von Janina Mogendorf