Von Charles de Foucauld bis zu Adam und Eva

Mit diesen Heiligen kommen Sie gut durch den Advent

Veröffentlicht am 01.12.2019 um 00:01 Uhr – Von Valerie Mitwali – Lesedauer: 

Bonn ‐ Geschenke einkaufen, Plätzchen backen und dann kommt auch noch die liebe Verwandtschaft vorbei – die stressige Adventszeit ist für viele eine Nervenprobe. Zum Glück wissen diese himmlischen Experten Rat. Mit den Adventsheiligen sind Sie für alle Eventualitäten gerüstet.

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Am Adventskranz brennt die erste Kerze, doch irgendwie will sich noch keine richtige Adventsatmosphäre einstellen? Vielleicht ist das Leben zu hektisch, die Leute sind zu laut und das Wetter ist zu nass. Und überhaupt: Zogen nicht gestern noch Martinszüge durch die Straßen? Wer am 1. Dezember noch mit der adventlichen Stimmung hadert, sei an den seligen Charles de Foucauld (1858-1916) verwiesen. Der Franzose war nach bewegten Jugendjahren in die algerische Wüste gezogen, um dort als Einsiedler sein Leben ganz Gott zu widmen. Dabei spielte Nazareth, die Heimatstadt Jesu, eine wichtige Rolle in Foucaulds Spiritualität. "Nazareth" war für ihn keine perfekte Idylle, sondern die menschliche Lebenswirklichkeit Jesu – mit all seinen Licht- und Schattenseiten. Foucauld sehnte sich danach, eben dieses verborgenen Leben Jesu zu teilen. Mitten im unscheinbaren Alltag wollte Foucauld jeden Tag neu etwas von der Botschaft des Reiches Gottes entdecken und leben. Von seinem Streben nach liebevoller Einfachheit zeugt auch sein berühmtes "Gebet der Hingabe": "Mein Vater, […] In deine Hände lege ich meine Seele; ich gebe sie dir, mein Gott, mit der ganzen Liebe meines Herzens, weil ich dich liebe, und weil diese Liebe mich treibt, mich dir hinzugeben, mich in deine Hände zu legen, ohne Maß, mit einem grenzenlosen Vertrauen; denn du bist mein Vater."

Ein flammendes Herz gegen die soziale Kälte

Alle Jahre wieder im Advent hat die totgesagte Nächstenliebe plötzlich wieder Hochsaison: Im Fernsehen jagt eine Spendengala die nächste und auf zahllosen Plakaten werben verschiedene Hilfsorganisationen für ihre Arbeit. Nicht wenige werden innerlich seufzen: "Diese ganze Weihnachtsgeschenke und dann auch noch Spenden!" Und muss es überhaupt interessieren, wenn in China der sprichwörtliche "Sack Reis" umfällt? Franz Xaver (1506-1552), der Tagesheilige des 3. Dezember, hätte leidenschaftlich dafür argumentiert. Der Patron der katholischen Weltmission betrieb zwar keine karitative Arbeit im engeren Sinne, doch sind seine Leitlinien auch in der modernen Entwicklungszusammenarbeit anschlussfähig: Über zehn Jahre lang wirkte der spanische Jesuit in Indien und Japan. Immer versuchte er sich der Sprache und Kultur des jeweiligen Gebietes anzupassen. Die Fortführung seiner Arbeit vertraute Franz stets lokalen Mitarbeitern an. Vielleicht kann das Attribut des Heiligen, ein flammendes Herz, auch die soziale Kälte unserer Zeit verwandeln.

Die Älteren werden sich noch an das Gedicht erinnern: "Sankt Barbara, bei Tag und Nacht, fahr' mit dem Vater in den Schacht!" Zugegeben, die Tagesheilige des 4. Dezember kommt oft etwas altbacken daher. Barbara (3. Jahrhundert), war das nicht die Schutzpatronin der Bergleute? Nun schloss 2018 die letzte Steinkohlezeche Deutschlands, doch auch ohne aktive Kumpel hat Barbara noch genug himmlische Aufgaben. Schließlich gilt die junge Frau, die im Römischen Reich für ihren Glauben gestorben sein soll, auch als Patronin der Feuerwehr. Gerade im Advent, wenn im ganzen Haus die Kerzen brennen, kann so eine Heilige nicht schaden. Seit dem 17. Jahrhundert ist mit dem Barbaratag der Brauch verbunden, Zweige (etwa vom Kirschbaum) im Garten zu schneiden und in einem Krug mit Wasser in die Wohnung zu stellen. Zu Weihnachten brachen die Blütenknospen dann wegen der häuslichen Wärme auf. Die so mitten im Winter sprießenden Zweige symbolisieren die wunderbare Geburt Jesu. Zwar beginnt dieser traditionelle Adventskalender mit viertägiger Verspätung – doch in Fragen der Nachhaltigkeit lässt er die meisten modernen Kalender alt aussehen.

Bild: ©Arco Images GmbH/dpa/Rubtsov, A.

Die schwedische Gesangsgruppe ''Lucia Pageant".

Ja ist denn schon Weihnachten? Ursprünglich war der Nikolaustag am 6. Dezember auch der Tag der Bescherung. Erst im Zuge der Reformation verschob sich die Geschenkeübergabe in Deutschland auf Heiligabend. Und doch zählt Nikolaus (3.-4. Jahrhundert) bis heute zu den beliebtesten Heiligen überhaupt – in Ost und West. Als Bischof von Myra (heute Türkei) soll er nicht nur besonders rechtgläubig und freigiebig, sondern auch wundertätig gewesen sein. Niederländische Auswanderer brachten die Tradition von "Sinter Klaas" nach Nordamerika, wo sich aus ihm die Figur "Santa Claus" entwickelte. Verwechslungen zwischen beiden sind bis heute an der Tagesordnung. Dabei stellte Nikolaus bereits in Rolf Zuckowskis bekanntem Kinderlied "Nikolaus und Weihnachtsmann" klar: "Weil ich auf dem Kopf meine Mitra trag und in meiner Hand den Bischofsstab. Frag ich mich, wie man uns beide da überhaupt verwechseln kann."

Der Advent hat seine Halbzeit bereits erreicht, da geht es für viele erst so richtig los: die Geschenke einkaufen, das Weihnachtsessen planen und die Verwandten einladen. Wer jetzt alle Hände voll zu tun hat, für den ist die Tagesheilige des 13. Dezember genau die richtige himmlische Ansprechpartnerin: Zahlreiche Legenden ranken sich um Lucia, die im 4. Jahrhundert in Syrakus (heute Italien) das Martyrium erlitt. Sie habe verfolgte Christen, die sich in dunklen Tunneln unter der Stadt versteckten, heimlich mit Essen und Trinken versorgt. Um dafür beide Hände frei zu haben, soll Lucia einfach Kerzen wie eine leuchtende Krone auf dem Kopf getragen haben. Damit machte das Multitasking-Talent dem Namen "Lucia" (dt. Leuchtende) natürlich alle Ehre. Seit Ende des 19. Jahrhunderts existieren in Schweden die heute so bekannten nationalen Luciafestlichkeiten. Deren Licht gilt als Vorbote des kommenden Weihnachtsglanzes – und läutet so die zweite Adventshälfte ein.

Ausgerechnet Adam und Eva?

Wer passend zum Advent nach lesens- und bedenkenswerter Literatur sucht, kann sich auf den Tagesheiligen des 14. Dezember verlassen: Der spanische Karmelit und Mystiker Johannes vom Kreuz (1542-1591) gilt bis heute als einer der größten Dichter der Kirche. Gemeinsam mit der Karmelitin Teresa von Avila bemühte er sich im 16. Jahrhundert um eine Reform seiner Gemeinschaft. Seine eigenen Mitbrüder entführten Johannes und hielten in neun Monate isoliert in einem Klostergefängnis fest. Ausgerechnet in dieser Zeit machte er Erfahrungen, die er später in seinem berühmten Gedicht "Dunkle Nacht" verschriftlichte. Das Leben des Menschen – mit all seinen Höhen und Tiefen – verstand Johannes als einen Weg der Gottesvereinigung, die der "liebenden Aufmerksamkeit" bedürfe. In seiner spirituellen Liebeslyrik heißt es: "Nimm doch endlich hinweg meine Angst, denn niemand sonst kann sie mir nehmen. Meine Augen möchten dich gerne schauen, denn du machst sie hell und sehend, und nur für dich allein sollen sie leuchten."

Die Adam und Eva? Kaum jemand scheint einen Gedenktag so wenig verdient zu haben wie die Stammeltern – und dann auch noch am 24. Dezember! Vielleicht sind sie aber auch genau die Richtigen für diesen Tag, denn der Heiligabend birgt alljährlich enormes Konfliktpotential. Zeitschriften und Magazine sind voller Ratschläge, wie Ehekrach und Familienstreit vermieden werden können. Passenderweise sind Adam und Eva auch die Stammeltern der familiären Probleme: Als Gott die beiden nach der verbotenen Frucht zur Rede stellt, ist immer jemand anderes schuld (vgl. Gen 3,7-13). Auch der Bruderzwist zwischen ihren Söhnen Kain und Abel ist legendär – und nimmt kein gutes Ende (vgl. Gen 4,1-16). Doch das Leben geht irgendwie weiter. Adam und Eva bleiben auch jenseits von Eden zusammen, durchstehen alle Widrigkeiten und sehen sogar ihre Enkel aufwachsen (vgl. Gen 4,25-5,5). Die bucklige Verwandtschaft kann kommen.

Von Valerie Mitwali