Die Kirche – systemrelevant oder Systemsprenger?

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Krankenschwestern und -pfleger. Ärztinnen. Erzieher, Lehrerinnen und Polizisten. Sie alle, das wissen wir spätestens seit Mitte März, sind systemrelevant. Das Zauberwort, um die Kinder in Kita oder Schule schicken zu können. Das Stichwort, das den Weg raus aus den eigenen vier Wänden rein in die Berufswelt bedeuten konnte. Das aber eben auch bedeutete: kein Arbeiten zu Hause. Keine Sicherheit in den eigenen vier Wänden. Sondern raus mitten ins Leben – und manchmal auch mitten in das Ringen um Leben und Tod.
Und dennoch: Irgendwie ist der Begriff attraktiv. So manche Berufsgruppe und Institution hat um entsprechende Anerkennung gekämpft, wollte das Siegel der Anerkennung bekommen: Relevant sein in der und für die Gesellschaft. Die Sehnsucht ist nachvollziehbar. Wer möchte schon irrelevant sein?
Und die Kirchen? Sie seien zu leise gewesen, lautet der Vorwurf. Sie hätten sich zu schnell mit dem Nischendasein abgefunden. Eben nicht systemrelevant. Natürlich haben Christen etwas beizutragen. Und natürlich ist es schön, sie sagen etwas, sind sichtbar, werden gehört. Aber systemrelevant? Für welches System?
Mir liegt die Frage nach den Systemsprengern nahe. Nein, nicht nach den Kindern und Jugendlichen, die jedes System überfordern – sehr sehenswert im Film von Norah Fingscheidt dargestellt. Systemsprenger als diejenigen, die sich in keinen Rahmen pressen lassen, die aus dem Rahmen fallen, die weiterschauen und denken, die im besten Sinne des Wortes transzendent – grenzüberschreitend sind. Genau dort liegt die Chance der Kirche: den Finger in die Wunde legen, die Missstände benennen und gleichzeitig verweisen auf den, der immer größer ist als wir.
Kein System kann sich selbst genug sein, geht es doch immer darum, eine Gesellschaft weiterzudenken und weiterzuentwickeln. Wenn Kirche, wenn Christinnen und Christen in diesem Sinne systemsprengend sind, dann sind sie am Ende doch relevant für das System. Oder noch viel besser: relevant für die Menschen.