Matthias Ring zu 150 Jahre Erstes Vatikanum

Alt-katholischer Bischof: Lehramt durch Unfehlbarkeit in der Sackgasse

Veröffentlicht am 19.07.2020 um 11:25 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Das Jubiläum des Ersten Vatikanischen Konzils markiert zugleich das Jubiläum der Gründung der alt-katholischen Kirche. Für deren Bischof ist die Kirchenspaltung kein Grund zu feiern – aber ein guter Anlass, um über die Zukunft nachzudenken.

  • Teilen:

Der Bischof der alt-katholischen Kirche in Deutschland, Matthias Ring, sieht das römisch-katholische Lehramt durch das Unfehlbarkeitsdogma in einer "lehramtlichen Sackgasse". In einem am Samstag aus Anlass des 150-jährigen Jahrestags der Verkündung des Dogmas veröffentlichten Bischofswort konstatiert Ring, dass das Jurisdiktionsprimat des Papstes zu einer "extremen Zentralisierung" geführt habe, die es schwer mache, "Pluralität zuzulassen" und Lösungen vor Ort zu finden. Das Unfehlbarkeitsdogma leiste einer kirchlichen Lehre Vorschub, in der sich Entwicklungen kaum noch denken lassen. Als Beispiel nennt der Bischof die Ehe- und Sexualmoral sowie die Frauenordination. Nach Ansicht Rings führe das "auf Dauer zu einer Erosion der Autorität des Lehramtes, wenn sich der Glaubenssinn des Volkes und die fixierte kirchliche Lehre immer weiter auseinanderentwickeln".

Die alt-katholische Kirche hatte sich aus der Opposition gegen die Dogmen des Ersten Vatikanums (1869–1870) gegründet. Zwar sei eine Kirchenspaltung kein Grund zum Feiern, man dürfe aber "dankbar derer gedenken, die vor 150 Jahren bereit waren, für ihre Überzeugung einzustehen", so der Bischof. Für seine "synodale, reformorientierte, ökumenisch offene und doch katholische" Kirche wünscht er sich eine Beschäftigung mit den Jubiläen nicht nur aus geschichtlicher Rückschau, sondern mit Blick darauf, "wie wir unser Ideal des Christ- und  Kircheseins in der Gegenwart ausbuchstabieren können". Ring wolle das Jubiläum "nach vorne feiern".

Dankbar für gewachsene Ökumene

Zugleich zeigte der Bischof sich dankbar für die gewachsene Ökumene zwischen alt-katholischer und römisch-katholischer Kirche auf allen Ebenen: "Trotz aller Unterschiede und ohne diese unter den Teppich zu kehren, sollten wir weiter diesen Weg der Verständigung und Gemeinschaft gehen."

Matthias Ring ist seit 2010 Bischof des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland. Zum Bistum gehören etwa 15.000 Mitglieder in 60 Gemeinden, Bischofskirche ist die ehemals römisch-katholische Namen-Jesu-Kirche in Bonn. Die alt-katholische Kirche hatte sich nach dem Ersten Vatikanischen Konzil von der römisch-katholischen Kirche abgespalten, da sie die Dogmen der Unfehlbarkeit und des Jurisdiktionsprimats des Papstes nicht akzeptieren wollte. 1889 schlossen sich die seit dem 18. Jahrhundert bestehende Alt-katholische Kirche der Niederlande mit der Schweizer und der deutschen Bewegung in der Utrechter Union zusammen. (fxn)