Standpunkt

Über das Gottesbild reden – mit oder ohne Genderstern

Veröffentlicht am 16.09.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ "Gott*" mit Genderstern: Die Kampagne der Katholischen Studierenden Jugend wird kontrovers diskutiert. Doch das eigentliche Anliegen der Aktion gehe in der Debatte unter, kommentiert Matthias Altmann: Wie kann man heute zeitgemäß von Gott sprechen?

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Eigentlich müsste man die Katholische Studierende Jugend (KSJ) zu ihrem Coup beglückwünschen. Denn dass, was sie mit ihrer Kampagne, "Gott*" mit einem Genderstern zu schreiben, erreichen wollte, ist ihr definitiv gelungen: eine Diskussion über das Gottesbild anzustoßen.

Dass es dabei auch äußerst destruktive Stimmen gibt, die ihnen wegen dieser Aktion den Glauben und den gesunden Menschenverstand absprechen, haben die Verantwortlichen vermutlich einkalkuliert. Vielen Kritikern ist die eigentliche Intention der Debatte ohnehin völlig egal – das Gendersternchen selbst ist der Feind. Freilich lässt sich darüber streiten, ob Gott unbedingt ein solches Sternchen braucht. Doch das Anliegen der Aktion ist berechtigt: Wie kann man heute zeitgemäß von Gott sprechen?

Alles Sprechen über Gott ist selbstverständlich nur ein Annäherungsversuch an seine Wirklichkeit, die der Mensch nie ganz fassen kann. Der Kirchenvater Anselm von Canterbury schreibt in seinem bekannten "Proslogion": "Herr, Du bist also nicht nur, worüber hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, sondern etwas Größeres, als gedacht werden kann." Doch gerade deshalb "macht dieses Wort immer schon eine Vielfalt unserer Rede und der bildlichen Ausdrucksgestalten möglich", wie die Dogmatikerin Margit Eckholt sagt.

Jesus selbst nennt Gott "Vater", genauer gesagt "Abba", was man im Deutschen mit "Papa" wiedergeben würde. Diese Anrede enthüllt, wer Gott für Jesus ist: der Inbegriff von Nähe, Zuwendung und Geborgenheit. Doch genauso berechtigt ist es, von den mütterlichen Qualitäten Gottes zu sprechen – schließlich liefert die biblische Offenbarung dazu reichlich Material. "Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch", heißt es etwa bei Jesaja. Und Papst Johannes Paul I. betonte: "Gott ist Vater, aber noch mehr ist er Mutter."

Wenn sich die KSJ nun für ein anderes Gottesbild als das von einem "strafenden, alten, weißen Mann mit Bart" starkmachen will, wird sich manch einer vielleicht darüber lustig machen, weil diese Vorstellung theologisch längst als überholt gilt. Doch ich wage die Behauptung, dass es nicht wenige Menschen gibt, die immer noch an einen solchen Gott glauben – selbst im innerkirchlichen Kosmos. Deshalb ist mein Wunsch, dass die Theologie verstärkt solche Fragen wie die nach einer zeitgemäßen Rede von Gott auf die Straße bringt. Die Reaktionen auf den KSJ-Vorstoß zeigen, dass sie damit nicht auf taube Ohren stoßen würde.

Von Matthias Altmann

Der Autor

Matthias Altmann ist Redakteur bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.