83 Prozent der Befragten wollen weiterhin den "digitalen Kirchgang"

Studie: Online-Gottesdienste auch nach Corona-Lockdown stark gefragt

Veröffentlicht am 18.09.2020 um 13:34 Uhr – Lesedauer: 

Karlsruhe/Köln ‐ Online-Gottesdienste waren für viele Christen hierzulande ein Rettungsanker während des Corona-Lockdowns. Inzwischen ist der reale Kirchenbesuch wieder möglich – doch der "digitale Kirchgang" ist wohl nicht mehr wegzudenken, wie eine Studie zeigt.

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Online-Gottesdienste sind nach einer Studie im Auftrag von fünf evangelischen Landeskirchen auch nach dem Corona-Lockdown stark gefragt. Wie die badische Landeskirche am Freitag mitteilte, wünschen sich viele der Befragten eine Fortführung der digitalen Angebote. Vor allem mittlere Altersgruppen wollten weiterhin den "digitalen Kirchgang" praktizieren. Studienleiter und Kirchenvertreter sehen darin auch eine Chance für die bevorstehenden Weihnachtsgottesdienste unter Corona-Bedingungen.

Laut Studie nahmen 65,4 Prozent der Befragten auch nach Ende des Lockdowns weiterhin an digitalen Gottesdiensten teil, besonders hoch war die Zustimmung in der Altersgruppe der 41- bis 60-Jährigen. Mehr als 80 Prozent der Befragten hätten mindestens vier Online-Gottesdienste besucht, 32,7 Prozent seien mindestens zehn Mal dabei gewesen. Vor Corona hätten 66,7 Prozent der Befragten keine Erfahrung mit digitalen Gottesdiensten gehabt. Nur 2,8 Prozent nahmen schon vorher regelmäßig an Online-Gottesdiensten teil. Für die Zukunft wünschen sich die Befragten zu 83 Prozent regelmäßige Online-Gottesdienste auch dann, wenn Präsenz-Veranstaltungen wieder in vollem Umfang möglich sind. Die Gottesdienste sollten unter 45 Minuten lang sein und eine Mischung aus moderner und klassischer Musik enthalten.

An der von den Landeskirchen Baden und Württemberg initiierten Online-Befragung, der sich die Landeskirchen Hannover, Hessen und Nassau sowie die Evangelische Kirche im Rheinland anschlossen, beteiligten sich den Angaben zufolge von Mai bis Juli insgesamt 4.767 Menschen. Die Studie unter Leitung von Holger Sievert von der Hochschule Macromedia (Köln) wurde gefördert durch den Digitalinnovationsfonds der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD); weitere Auswertungen sollen folgen.

Online-Kommunikation auch im gottesdienstlichen Bereich nicht mehr wegzudenken

"Die Studie zeigt deutlich, dass die Online-Kommunikation auch im gottesdienstlichen Kernbereich der Kirchen nach Corona nicht mehr wegzudenken ist", erklärte Sievert. Besonders erfreulich im Sinne digitaler Teilhabe sei, dass diese Entwicklung auch für höhere Altersgruppen gelte. Die meisten Befragten (60,5 Prozent) schauten die digitalen Gottesdienste allein.

"Gerade in Bezug auf die anstehenden Weihnachtsgottesdienste ist die hohe Akzeptanz der Online-Angebote von großer aktueller Bedeutung", erklärte Oberkirchenrat Matthias Kreplin (Karlsruhe). Die Studie ermutige dazu, Gottesdienste auch weiterhin als Online-Angebot zu gestalten, sowohl in Form von Live-Übertragungen auch in eigens digital produzierten Formaten.

Unterdessen äußerte sich auch der Münsterschwarzacher Benediktinerpater und Beststellerautor Anselm Grün (75) zum digitalen Angebot der (katholischen) Kirche in der Corona-Pandemie. "Sie hat viele Gottesdienste über Livestream gemacht. Das war durchaus eine gute Leistung. Sie ist in die digitale Werbung hineingegangen. Aber gute Anregungen, Fantasie habe ich schon teilweise vermisst", sagte Grün am Freitag im Deutschlandfunk. Virtuelle Glaubensangebote könnten eine gute Ergänzung sein, so der Mönch weiter. "Aber das ist nicht die Lösung. Wir brauchen wirklich wieder Begegnungen", etwa über Hausgemeinden. (tmg/KNA/epd)