Wachsende Zahl sei "besorgt" wegen des Namens der Enzyklika

Katholikinnen-Netzwerk schreibt Papst: Titel "Fratelli tutti" ändern

Veröffentlicht am 29.09.2020 um 15:49 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Am Wochenende wird die Papst-Enzyklika "Fratelli tutti" veröffentlicht. Mit einem Offenen Brief wollen katholische Frauen den Papst zu einem neuen Titel bewegen, denn der aktuelle Titel stelle "ein Problem für viele dar".

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Das katholische Netzwerk "Catholic Women's Council" hat Papst Franziskus in einem Offenen Brief aufgefordert, den Titel der Enzyklika "Fratelli tutti" zu ändern und beide Geschlechter miteinzubeziehen. "Sehr geehrter Papst Franziskus, der Titel der Enzyklika stellt ein Problem für viele dar, die ansonsten begeistert von der Enzyklika sind und bereit wären, mit Ihnen an einer dauerhaften sozialen, spirituellen und nachhaltigen Veränderung zu arbeiten", heißt es in dem auf Samstag datierten Schreiben. Mit einer kleinen Anpassung würde "der Geist des Hl. Franziskus sowie Ihre Intention beibehalten", so die Autorinnen. "Im Sinne des Evangeliums und der von Jesus Christus gelebten Gerechtigkeit, wäre es ein kraftvolles Zeichen von Ihnen, wenn Sie diese Änderung vornehmen würden." 

Eine wachsende Zahl von Katholikinnen und Katholiken sei "besorgt wegen des Titels für die Enzyklika". Es sei zwar bekannt, dass der Titel der am 4. Oktober erwarteten Enzyklika ein Zitat des Heiligen Franziskus sei und alle Menschen damit gemeint seien. "Trotzdem wird das männliche Substantiv viele vor den Kopf stoßen", heißt es weiter. "In einer Zeit, in der das Bewusstsein für die Macht von Sprache wächst, akzeptieren viele Frauen die Begründung nicht mehr, dass die männliche Form 'Fratelli' verallgemeinernd sei und sie mitgemeint seien." Die Einbeziehung beider Geschlechter im Titel würde sicherstellen, dass Übersetzungen in allen Sprachen "Schwestern" genauso einbeziehen müssten wie "Brüder". 

Diskussionen schon vor der Veröffentlichung 

Sie hätten keine Zweifel daran, dass die Enzyklika "wie 'Laudato Si' ein tiefer und herausfordernder Ruf zum Handeln wird". Auch "Fratelli tutti" werde bei vielen Menschen das Bewusstsein dafür schärfen, die Verantwortung für Menschen zu übernehmen, die von wirtschaftlicher und sozialer Ungerechtigkeit betroffen sind. "Wir glauben, dass Frauen auf der ganzen Welt in all dem solidarisch mit Ihnen sind, im Gebet und mit tatkräftiger Hilfe", so die Autorinnen. 

Seit der Titel der neuen Papst-Enzyklika bekannt ist, gibt es Diskussionen über den mancherorts als nicht inklusiv empfundenen Titel "Fratelli tutti" (Wir Brüder alle). In einem begleitenden Kommentar sagte der Chefredakteur von Vatican News, Andrea Tornielli, das Rundschreiben des Papstes wende sich selbstverständlich an alle Menschen, Männer und Frauen. "Es wäre absurd zu meinen, die Formulierung des Titels beabsichtige, mehr als die Hälfte der Adressaten auszuschließen", so Tornielli. In dem Dokument will sich Papst Franziskus zu einer globalen Neuorientierung nach der Corona-Pandemie aus christlicher Sicht äußern.  

Das "Catholic Women's Council" wurde im November 2019 von katholischen Frauen im deutschsprachigen Raum gegründet. Das Netzwerk will Reformen in der Kirche voranbringen und setzt sich für eine vollständige Gleichberechtigung von Frauen und Männern ein. Unterschrieben ist der Offene Brief unter anderem von der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), dem Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) und "Maria 2.0". (cbr)