Dresdner Bischof bekräftigt Wunsch nach Segnung homosexueller Paare

Timmerevers irritiert von vatikanischer Erläuterung zu Papst-Aussagen

Veröffentlicht am 06.11.2020 um 09:40 Uhr – Lesedauer: 

Dresden ‐ So begeistert Dresdens Bischof Heinrich Timmerevers von den Papst-Äußerungen über Homosexuelle ist, so überraschend findet er die nachträgliche Einordnung durch das vatikanische Staatssekretariat.

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Bischof Heinrich Timmerevers begrüßt die jüngsten Papst-Äußerungen zu homosexuellen Lebensgemeinschaften und zeigt sich zugleich überrascht über die nachträgliche Einordnung aus dem vatikanischen Staatssekretariat. Mit Papst Franziskus wolle er achtsam sein, "alle Menschen zu allererst als von Gott geliebt und angenommen zu sehen", sagte der Bischof von Dresden-Meißen am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Das den Menschen auch im Segen zuzusagen, halte ich nach wie vor für geboten." Timmerevers hatte unlängst im KNA-Interview als erster katholischer Bischof in Deutschland explizit gesagt, dass er es begrüßen würde, wenn die katholische Kirche eine Segnung homosexueller Paare erlauben würde.

Timmerevers führte weiter aus, die Zitate von Papst Franziskus im Film 'Francesco' des russischen Regisseurs Jewgeni Afinejewski machten ihm als erstes "etwas Wesentliches und zutiefst Nachahmenswertes" deutlich: "Der Heilige Vater denkt nicht von Abstrakta oder Regelwerken her, sondern geht vom Personsein und der Würde des einzelnen aus. Wir reden nicht über anonyme oder gar sündige Zielgruppen, sondern immer um ganz konkrete Menschen." Diese Bodenhaftung zeige offensichtlich der Film und steht damit in Kontinuität des Papsttextes "Amoris laetitia", erklärte der Bischof.

"Braucht es dazu zwangsläufig eine nachgeschobene Einordnung?"

Angesichts dessen frage er sich aber, so Timmerevers weiter: "Braucht es dazu zwangsläufig eine aus dem Staatssekretariat nachgeschobene Einordnung mit Zitaten aus diesem nachsynodalen Schreiben? Welche Intention steht dahinter?" In besagtem Rundschreiben des Staatssekretariats an Bischöfe weltweit heißt es, die fraglichen Zitate in dem Dokumentarfilm seien aus dem Kontext genommen. Die kirchliche Lehre bleibe unverändert. Konkret geht es um die Film-Passage, in der der Papst erklärt, Homosexuelle hätten "das Recht, in einer Familie zu sein". Direkt anschließend spricht Franziskus sich für einen staatlichen Rechtsrahmen ziviler Partnerschaften aus.

Timmerevers sagte, wenn das Schreiben aus Rom "eine Hilfestellung intendiert, die uns ermutigt, mit dem päpstlichen Dokument 'Amoris laetitia' die komplexe Wirklichkeit der heutigen Familien besser wahrzunehmen und Gottes Geist, der ja auch in den Ereignissen der Geschichte spricht, tiefer zu verstehen dann kann ich das begrüßen". Das Thema homosexuelle Beziehungen sei offensichtlich auf vielen Ebenen der Kirche im Gespräch. "Wir müssen uns damit auseinandersetzen und das ist gut so", betonte der Bischof.

Papst Franziskus mit seinen Äußerungen zu homosexuellen Lebensgemeinschaften eine "Wende" vollzogen. Damit trete er "nun nicht mehr absolut gegen jede Form der rechtlichen Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften auf", sagte Goertz am Freitag im Deutschlandfunk. Das sei neu im Vergleich zu der Position seiner Vorgänger. Zum Rundschreiben des vatikanischen Staatssekretariats ergänzte der Theologe: "Das erlebt man eigentlich immer wieder, dass die Kurie in Sorge ist, dass man eine Papst-Äußerung anders verstehen könne, als es in ihrem Sinne ist." Wenn man sich den Text genauer anschaue, würden aber "eigentlich in der Substanz die Äußerungen des Papstes nicht zurückgenommen". In der katholischen Kirche ist eine sakramentale Ehe für homosexuelle Paare nicht möglich. "Aber wenn wir sagen: Die gläubige Haltung, aus der heraus ein Paar versucht, die eigene Beziehung zu leben, ist das Entscheidende, ist das Sakramentale, dann könnte man tatsächlich in diese Richtung weiterdenken", so Goertz.

Der tschechische Priester und Theologe Tomáš Halík hatte die Äußerungen von Franziskus kürzlich als "Revolution der Barmherzigkeit" gelobt. Mit seiner Befürwortung des Rechts homosexueller Paare auf staatliche Absicherung habe der Papst auf positive Weise die "Welt schockiert" – und dass alleine dadurch, dass er wie ein "normaler Mensch des 21. Jahrhunderts" spricht, "der Vernunft hat und das Herz auf dem rechten Fleck", so Halík. So verändere der Pontifex das Leben der Kirche "von innen" her, ohne offizielle Korrekturen der kirchlichen Lehre. (tmg/KNA)

6.11., 13:05 Uhr: Ergänzt um Goertz.