Möglicherweise habe es Versuche von Instrumentalisierung des Emeritus gegeben

Papst-Biograf Seewald: Benedikt XVI. hat kein Schweigegelübde abgelegt

Veröffentlicht am 16.11.2020 um 11:39 Uhr – Lesedauer: 

Madrid ‐ Die öffentlichen Äußerungen Benedikts XVI. nach dessen Rücktritt sorgen bei manchen Menschen für Stirnrunzeln. Doch dessen Biograf Peter Seewald betont, dass der Ratzinger-Papst niemals ein Schweigegelübde abgelegt habe.

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Peter Seewald, der Biograf von Benedikt XVI., hat die Äußerungen des zurückgetretenen Kirchenoberhaupts auch nach seiner Emeritierung als Papst verteidigt. Benedikt XVI. habe nach seinem Rücktritt "kein Schweigegelübde abgelegt, wie manchmal fälschlicherweise behauptet wird", sagte Seewald der spanischen Zeitschrift "Vida Nueva" am Montag. Es sei möglich, dass es Versuche gegeben habe, den emeritierten Papst "zu instrumentalisieren und ihn dazu zu bringen, öffentliche Äußerungen über das Verhalten seines Nachfolgers zu machen", so Seewald. "Aber wer Ratzinger kennt, weiß, dass er gegen Versuche dieser Art immun ist."

Er könne sich vorstellen, dass sich Benedikt in Zukunft weiterhin äußern werde, "auch zum aktuellen Geschehen", so Seewald weiter. Der Papa emeritus vermeide es jedoch bewusst, die Amtsführung von Papst Franziskus zu kommentieren: Benedikt habe sich bei den Gesprächen, die Seewald im Vorfeld der Biografie mit ihm geführt hatte, geweigert, dazu Stellung zu beziehen. Eine solche Äußerung hätte "unweigerlich eine Einmischung in die Arbeit des aktuellen Papstes bedeutet. Alles, was in diese Richtung geht, muss und will ich vermeiden", gab Seewald die Worte Benedikts wieder. "Die persönliche Freundschaft mit Papst Franziskus hat nicht nur überdauert, sondern sich vertieft", soll der ehemalige Pontifex gesagt haben. Benedikt sei nach Ansicht seines Nachfolgers "ein großer Papst".

Seewald sieht bei beiden Päpsten ein "verschiedenes Temperament, ein unterschiedliches Charisma und jeder hat eine eigene Art, das Amt auszuüben". Zudem hätte Benedikt bei einigen Punkten "einen anderen Schwerpunkt gesetzt, oder wenigstens eine andere Deutung" als Franziskus. Doch "der Papst sei der Papst" und Benedikt habe seinem Nachfolger Gehorsam versprochen, "als er noch nicht wusste, wer in seine Fußstapfen treten würde". Daran habe er sich sehr streng gehalten. (rom)

17.11.2020, 13:15 Uhr: Übersetzung aus dem Spanischen korrigiert. Franziskus nannte Benedikt einen großen Papst, nicht umgekehrt.