Ältestes Zeugnis für derartige Ausmalung nördlich der Alpen

1.000 Jahre alte Wandmalereien im Augsburger Dom entdeckt

Veröffentlicht am 09.12.2020 um 12:44 Uhr – Lesedauer: 

Augsburg ‐ Diese Entdeckung ist eine kunsthistorische Sensation: Im Augsburger Dom wurde mit einem Bilderzyklus das älteste Zeugnis für die Ausmalung einer frühmittelalterlichen Bischofskirche nördlich der Alpen entdeckt.

  • Teilen:

Im Augsburger Dom versteckte sich lange ein unerkannter kunsthistorischer Schatz: Bei Untersuchungen im südlichen Querhaus sind Wandmalereien zum Leben und Sterben Johannes des Täufers entdeckt worden, die aus der Erbauungszeit des ottonischen Doms stammen und in das erste Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts zurückreichen. Wie das Bistum Augsburg am Mittwoch mitteilte, wurde mit diesem Bilderzyklus das älteste Zeugnis für die Ausmalung einer frühmittelalterlichen Bischofskirche nördlich der Alpen bekannt.

Da die Wandbilder übertüncht waren, blieben sie lange Zeit unsichtbar, hieß es weiter. Sie wurden demnach erstmals in den 1930er-Jahren und dann in den 1980er-Jahren freigelegt, jedoch ohne deren Alter und Bedeutung zu erkennen. Bei Restaurierungsmaßnahmen am Dachstuhl im Jahr 2009 sei man auf nachweislich bauzeitliche Wandmalereien gestoßen, die ein neues Licht auf die älteren Entdeckungen im Querhaus geworfen hätten. Ein Restaurierungs- und Bauforschungsteam unter der Leitung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege habe sie nun erstmalig untersuchen, dokumentieren, reinigen und sichern können.

Trotz der stark in Mitleidenschaft gezogenen Farbflächen konnten den Angaben zufolge zwei Szenen sowie Reste einer dritten identifiziert werden: Erhalten hat sich demnach an der Ostwand die Hinrichtungsszene mit einem thronenden Herodes und der von seinen Jüngern beweinten Enthauptung des Täufers sowie an der Westwand dessen Grablegung. Die vermutlich an der Südwand angebrachten Szenen der Geburt und Namensgebung des Täufers seien wohl bereits Mitte des 14. Jahrhunderts beim Bau des gotischen Südfensters zerstört worden, hieß es. Kunsthistorisch weise das Dekorationssystem große Ähnlichkeiten zu der auf der UNESCO-Welterbe-Liste stehenden Georgskirche in Oberzell auf der Insel Reichenau auf.

Flächenmäßig größter bekannter Zyklus im deutschen Sprachraum

"Es handelt sich bei den entdeckten Wandmalereien um den neben Oberzell flächenmäßig größten bekannten Zyklus aus der Zeit um 1000 im deutschen Sprachraum", sagte Generalkonservator Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Domkapitular Armin Zürn zeigte sich von den Forschungsergebnissen angetan: "Die neuen Erkenntnisse, besonders die Entdeckung der Johannesvita auf der Südseite nach St. Johannes hin, sind Nachweis für die großartige Gestaltung dieses geistlichen Ortes durch die Jahrhunderte." Zürn dankte den Verantwortlichen beim Landesamt für Denkmalpflege und den Restauratoren für deren "präzises und fundiertes Arbeiten" in den vergangenen Monaten.

Die Wandmalereien sollen nun ausführlich ausgewertet werden. Im Dachraum sollen zudem weitere Untersuchungen erfolgen. Für einen vollständigeren Überblick sei es wünschenswert, diese auf das nördliche Querhaus auszuweiten, hieß es. Die aktuellen Maßnahmen wurden den Angaben zufolge finanziert von der "Stiftung Beate und Hans Peter Autenrieth", der "Siegfried und Elfriede Denzel Stiftung" und der Diözese Augsburg. (tmg)