Standpunkt

Irak-Reise des Papstes: So geht interreligiöse Begegnung

Veröffentlicht am 08.03.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Irak-Reise von Franziskus war riskant, aber sinnvoll, kommentiert Christof Haverkamp. Vor allem, weil der Papst die Gemeinsamkeiten von Judentum, Christentum und Islam herausgestellt und ein Signal der Hoffnung ausgesandt habe.

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Die Reise von Franziskus in den Irak war zwar eine seiner riskantesten Auslandsreisen, aber sinnvoll – trotz aller Gefahren durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" und die Corona-Pandemie. Der Papst im Gebet mitten in der kriegszerstörten Trümmerlandschaft der Stadt Mossul: Das war ein Bild mit hoher Symbolkraft. Und es ist wichtig, dass derartige Zeichen weltweit zu sehen sind.

Wer in Mossul gelebt hat, dem klingt sicher der Lärm von Raketenangriffen und Straßenschlachten noch im Ohr. Der Schutt ist nach wie vor sichtbar, der Wiederaufbau schwierig. In Europa aber wird oft das Schicksal der leidgeprüften, schwindenden christlichen Minderheit im Nahen Osten vergessen, etwa das der Chaldäer, Armenier und Syrer, ebenso das der Jesiden. Daher ist es notwendig, an sie und die Opfer von Kriegen, Terror und Gewalt zu erinnern. Wer könnte diese Erinnerung besser leisten als der Papst?

Ins Gedächtnis gerufen hat das Kirchenoberhaupt auch die gemeinsamen historischen Wurzeln von Judentum, Christentum und Islam. Der heutige Irak, das Zweistromland mit Euphrat und Tigris, Ninive, Babylon und Ur, ist die Wiege der Zivilisation und der monotheistischen Weltreligionen. Von hier aus hat Franziskus ein eindringliches Signal der Toleranz, Versöhnung und Hoffnung ausgesandt.

In der öffentlichen Wahrnehmung wird Religion oft pauschal als Ursache von Gewalt ausgemacht. Und manche Islamkritiker in Deutschland, auch Christen, möchten den muslimischen Glauben gerne auf Terror reduzieren. Anders der Papst. Besonders eindrucksvoll war sein Treffen mit seinem wichtigsten Gesprächspartner, dem schiitischen Großajatollah Ali al-Sistani: zwei gemäßigte, angesehene alte Männer, die Verbindendes herausgestellt und betont haben, dass von Islam, Judentum und Christentum eine positive Kraft für den Frieden ausgehen kann. Und dass es grundfalsch ist, sich beim Hass und Töten auf Gott zu berufen.

So geht interreligiöse Begegnung, so gelingt ein friedliches Zusammenleben der Kulturen. Dafür kann ein Papstbesuch genauso viel leisten wie die Politik.

Von Christof Haverkamp

Der Autor

Christof Haverkamp ist Pressesprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der katholischen Kirche in Bremen und Senderbeauftragter der katholischen Kirche bei Radio Bremen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung des Autors wider.