Bundeskonferenz veröffentlicht Positionspapier mit Empfehlungen

Bistumsbeauftragte: Sexuelle Bildung wichtig für Missbrauchsprävention

Veröffentlicht am 06.04.2021 um 10:10 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Das Fehlen einer qualifizierten Sexualpädagogik gilt als Risikofaktor für Missbrauch in der Kirche. Die diözesanen Beauftragten betonen, dass Präventionsarbeit nicht ohne sexuelle Bildung auskomme – und haben ein Positionspapier veröffentlicht.

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Die Bundeskonferenz der Präventionsbeauftragten der deutschen (Erz-)Bistümer hat den Zusammenhang zwischen der Prävention sexueller Gewalt und sexueller Bildung betont. Erfolgreiche Prävention müsse "das Recht auf Sexualität und auf Schutz vor sexualisierter Gewalt gleichermaßen beinhalten", sagte Ann-Kathrin Kahle, Präventionsbeauftragte des Bistum Münsters, am Dienstag laut Pressemitteilung anlässlich der Veröffentlichung eines Positionspapiers der Bundeskonferenz. Darin beschreiben die Diözesanbeauftragten die Schnittstelle zwischen Prävention und sexueller Bildung und sprechen Empfehlungen aus, wie sich die daraus resultierenden Erkenntnisse auf die Inhalte der Präventionsarbeit in der Kirche auswirken sollen. Das Dokument wurde bereits im Januar einstimmig von den Diözesanbeauftragten verabschiedet.

Weiter heißt es, die Bundeskonferenz der Präventionsbeauftragten wolle sich mit dem Positionspapier in die aktuellen Diskussionen einbringen. So sei mit Blick auf die katholische Kirche oft der Mangel an qualifizierter Sexualpädagogik in vielen ihrer Einrichtungen kritisiert worden. Fachleute bewerteten dies als Risikofaktor für die Entstehung sexualisierter Gewalt. Der Text sei bereits dem Forum "Leben in gelingenden Beziehungen. Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft" des Synodalen Weges vorgelegt worden und werde in dessen Beratungen einfließen.

Gemeinsame Themen

Das Positionspapier formuliert zentrale Annahmen zu Sexualität und Gewalt sowie Macht und identifiziert gemeinsame Themen von Präventionsarbeit und sexueller Bildung. Dabei werden unter anderem die Vermittlung eines positiven Bilds von Sexualität, Selbstbestimmung, das Wissen über eigene rechte und Grenzen, Stärkung der Persönlichkeit und der Umgang mit Aggressionen sowie "Empowerment zur Partizipation" genannt. Letzterer Teilaspekt sei von zentraler Bedeutung: Die Stärkung der Persönlichkeit eines Kindes müsse zunächst begleitet und gezielt gefördert werden. Dadurch entstehe eine Basis "für alles Weitere an positiver Persönlichkeitsentwicklung". Auf dieser Basis könne Partizipation "als Teil der wahrgenommenen Verantwortung des Einzelnen" von einer Einrichtung eingefordert werden.

Aus diesen Erkenntnissen folge, dass die Prävention sexualisierter Gewalt künftig nicht auf Elemente der sexuellen Bildung verzichten könne, wenn sie ihrem ganzheitlichen Anspruch genügen wolle. Veröffentlichungen im Kontext der Präventionsordnungen sollten dahingehend überprüft werden, ob in ihnen das Recht auf Sexualität sowie das Recht auf Schutz vor sexualisierter Gewalt gleichermaßen präsent sind und gegebenenfalls ergänzt werden; Konzepte und Veröffentlichungen zur sexuellen Bildung sollten die Aspekte von Macht und Gewalt berücksichtigen, das Ziel der Selbstbestimmtheit verfolgen und zudem in der konkreten Umsetzung konsequent die Bedingungen der Schutzkonzepte erfüllen.

Linktipp: Deutsche Bischöfe regeln Umgang mit Missbrauch neu

Nach der MHG-Studie und einem "Motu proprio" des Papstes reagieren die deutschen Bischöfe: Sie erneuern ihre Richtlinien zum Umgang mit Missbrauch. Demnach sollen Betroffene noch stärker an Prozessen beteiligt werden. Und auch die Neuen Geistlichen Gemeinschaften spielen eine Rolle

Ausgangspunkt des Positionspapiers war die überarbeitete Rahmenordnung zur Prävention sexualisierter Gewalt, die die deutschen Bischöfe 2019 verabschiedet hatten. Diese sieht unter anderem vor, dass alle pädagogischen Einrichtungen eine Sexualpädagogik vermitteln sollen, die Selbstbestimmung und Selbstschutz stärkt. Zudem wird sexuelle Bildung als wichtiges Schnittstellenthema beschrieben.

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes, begrüßt das Anliegen der Bundeskonferenz der diözesanen Präventionsbeauftragten, eine vertiefte Debatte zum Verhältnis von sexueller Bildung und Präventionsarbeit anzuregen. "Seit über zehn Jahren engagiert sich die katholische Kirche in Deutschland intensiv in der Prävention gegen sexuelle Gewalt. Ich bin froh, dass die Präventionsbeauftragten der Bistümer mit diesem Papier auf die wichtige Verbindung von Präventionsarbeit und sexueller Bildung hinweisen und erhoffe mir von der weiteren Beschäftigung mit dem Thema wichtige Erkenntnisse."

Die Bundeskonferenz der Präventionsbeauftragten der deutschen (Erz-)Bistümer ist im Zuge der "Rahmenordnung zur Prävention von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" entstanden, die die deutschen Bischöfe im Jahr 2010 verabschiedet hatten. Demnach muss jede Diözese besondere Beauftragte für das Thema Prävention benennen. (mal)

Linktipp

Das Positionspapier ist auf der Internetseite der Bundeskonferenz der Präventionsbeauftragten der Bistümer abrufbar. Dort finden Sie auch weitere Informationen zur Präventionsarbeit in der katholischen Kirche in Deutschland.