COMECE-Chef in Sorge wegen rechtspopulistischen Parteien in Europa

Kardinal Hollerich: EU muss mehr für Flüchtlinge tun

Veröffentlicht am 09.05.2021 um 10:03 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Ein "Verrat an europäischen Werten": Luxemburgs Erzbischof findet klare Worte für die Flüchtlingspolitik der EU und für den Auftrag der christlichen Kirchen in dieser Sache. Der Vatikan gab derweil bekannt, wer den Papst künftig in Brüssel vertritt.

  • Teilen:

Kardinal Jean-Claude Hollerich, Vorsitzender der EU-Bischofskommission COMECE, hat anlässlich des Europatags zu "größeren Anstrengungen" in der Flüchtlingspolitik aufgerufen. Die gegenwärtige Situation sei "ein Verrat an den europäischen Werten", sagte er dem Portal "Vatican News" (Samstag).

Hollerich sprach die Geschehnisse auf dem Mittelmeer, in griechischen Flüchtlingslagern und in Bosnien-Herzegowina an. "Die katholische Kirche und die anderen Kirchen in Europa, wir müssen auf diese schlimmen Missstände aufmerksam machen", so Luxemburgs Erzbischof. Man werde nur dann Frieden und Sicherheit haben, wenn alle Menschen in allen Ländern ein menschenwürdiges Leben führen könnten.

Sorgen bereiten dem COMECE-Chef außerdem die "ultrarechten populistischen" Parteien in Europa. Das betreffe weniger Deutschland, sondern eher Frankreich, wo auch bald gewählt wird. Für ihn sei "ganz klar", dass Rechtspopulismus nichts mit dem Christentum zu tun habe. Die Grundbegriffe der katholischen Soziallehre würden von den entsprechenden Politikern "mit Füßen getreten".

Trotz aller Probleme hält der Kardinal die Europäische Union für eine "Erfolgsstory". Die Welt sei mit der EU besser dran als ohne sie. Der Europatag am Sonntag erinnert an den sogenannten Schuman-Plan, den der französische Außenminister Robert Schuman am 9. Mai 1950 verkündete. Kernanliegen war, die rüstungswichtige französische und deutsche Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen Behörde zu unterstellen, die auch anderen Staaten offenstehen solle. Das Datum wurde zur Geburtsstunde der europäischen Einigung und der Entwicklung hin zur Europäischen Union.

Vatikandiplomat Aldo Giordano wird neuer Papstbotschafter bei der EU

Ebenfalls am Samstag gab der Vatikan bekannt, dass Erzbischof Aldo Giordano (66) neuer Papstbotschafter bei der EU werde. Der Italiener, der zwischen 1995 und 2008 Generalsekretär des Rates der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) war, wird Nachfolger von Erzbischof Alain Lebeaupin. Der aus Paris stammende Geistliche war im November aus Altersgründen zurückgetreten.

Er empfinde "große Freude", nach Europa zurückkehren zu dürfen, sagte Giordano dem katholischen Pressedienst SIR. Zunächst müsse er sich nach jahrelangem Einsatz in Lateinamerika wieder auf dem alten Kontinent orientieren. Dann wolle er seine alten Kontakte reaktivieren. "Ich glaube an eine Diplomatie des Friedens, der Begegnung, des Dialogs, der Öffnung", so der Geistliche.

Giordano wurde am 20. August 1954 im norditalienischen Cuneo geboren. Er studierte in seiner Heimatstadt sowie an der Gregoriana-Universität in Rom und promovierte mit einer Arbeit über das Denken von Friedrich Nietzsche. 1995 wurde der Philosoph zum Generalsekretär des CCEE mit Sitz im Schweizer Sankt Gallen gewählt. 2008 folgte die Berufung zum Ständigen Beobachter des Heiligen Stuhls beim Europarat in Straßburg. Seit 2013 war der Vatikandiplomat als Nuntius in Venezuela tätig. (cst/KNA)