Knabenchor bleibt jedoch bestehen

Regensburger Domspatzen öffnen sich für Mädchen

Veröffentlicht am 15.06.2021 um 11:33 Uhr – Lesedauer: 

Regensburg ‐ Sie sind der wohl älteste Knabenchor der Welt: die Regensburger Domspatzen. Bislang waren Mädchen im Domchor und an der Schule der Domspatzen tabu, doch das ändert sich nun. Dadurch will der Chor auch attraktiver für neue Mitglieder werden.

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Die Regensburger Domspatzen öffnen ihr Gymnasium zum Schuljahr 2022/23 für Mädchen. In den berühmten Jungenchor werden sie jedoch nicht aufgenommen, sondern bilden einen zusätzlichen Mädchenchor, teilte das Bistum Regensburg am Dienstag mit. Die Domspatzen bleiben demnach ein reiner Knaben- und Männerchor. "Wir freuen uns, dass wir in Zukunft auch Mädchen an unserem Gymnasium begrüßen und ihnen unsere tollen Möglichkeiten bieten können", sagte Domkapellmeister Christian Heiß laut Pressemitteilung. Heiß habe als ehemaliger Eichstätter Domkapellmeister bereits viele Jahre Erfahrung in der Chorarbeit mit Mädchen.

"Die Regensburger Domspatzen bleiben als Knabenchor der Domchor der Kathedrale", wird Heiß weiter zitiert. Die Mädchen würden als Mädchen- und Frauenchor eine zusätzliche musikalische Säule der Regensburger Dommusik bilden. "Nach einer gewissen Aufbauphase wird der neue Mädchenchor höchsten musikalischen Ansprüchen genügen", so der Domkapellmeister.

Tradition der Domspatzen als Knabenchor werde gefestigt

Durch die Öffnung des Gymnasiums für Mädchen und die Einrichtung eines eigenen Chors werde die Tradition des Knabenchors gefestigt, sagten die Domspatzen-Verantwortlichen. In der Vergangenheit seien gute Sänger nicht auf das Gymnasium der Domspatzen und damit auch nicht in den Chor gegangen, weil sie lieber auf eine gemischtgeschlechtliche Schule gehen wollten. Auch musikalische Geschwisterkinder hätten in der Vergangenheit schon oft abgelehnt werden müssen, weil bisher nur Jungen zugelassen waren.

"Domkapitel und Bischof unterstützen dieses Vorhaben gerne", sagt Dompropst Franz Frühmorgen laut Mitteilung der Diözese. Frühmorgen ist Vorsitzender des Stiftungsrats der Domspatzen. In der Vergangenheit sei immer wieder über die Aufnahme von Mädchen diskutiert worden. Nun sei die Zeit reif und nach Abschluss der Sanierungsarbeiten am Haus der Domspatzen ergebe sich eine gute Gelegenheit dafür. "Wir halten diese Öffnung für sinnvoll und heißen die Mädchen am Gymnasium und als Chor bei uns im Dom herzlich willkommen."

Die Domspatzen sehen sich in der Tradition der Regensburger Domschule, die 975 vom damaligen Bischof, dem heiligen Wolfgang von Regensburg, gegründet wurde. Die Domschule legte neben dem allgemeinbildenden Unterricht besonderen Wert auf die musikalische Ausbildung: Den Schülern wurde die Sorge für den liturgischen Gesang in der Bischofskirche übertragen. In Berichten über eine Auslandsreise nach Prag im Jahr 1910 wird zum ersten Mal der Name "Domspatzen" erwähnt. Bei dem Knabenchor kam es zwischen 1953 und 1992 in Hunderten Fällen zu körperlicher und sexueller Gewalt. Das Bistum Regensburg hat den Missbrauch bei den Domspatzen aufarbeiten lassen und ein eigenes System zur finanziellen Anerkennung des erlittenen Leids der Betroffenen ins Leben gerufen. (rom)