Was in Kirchenraum gut wirke, funktioniere nicht unbedingt auch online

Theologe: Nicht krampfhaft jede Liturgie ins Internet übernehmen

Veröffentlicht am 19.07.2021 um 11:45 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Präsenzgottesdienste sind für den Liturgiewissenschaftler Alexander Saberschinsky nach wie vor unverzichtbar. Online-Gottesdiensten kann er dennoch etwas abgewinnen: Dort seien Dinge möglich, die im Kirchenraum nicht denkbar wären.

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Der Kölner Liturgiewissenschaftler Alexander Saberschinsky hat dafür plädiert, in Online-Gottesdiensten nicht alle Elemente aus Präsenzgottesdiensten einfach zu übernehmen. "Ich wäre der Meinung, wir müssten dann andere Zeichen suchen und nicht versuchen, krampfhaft das ins Internet zu übersetzen, was in der Kirche im Kirchenraum funktioniert", sagte der Professor an der Katholischen Hochschule NRW in Paderborn in einem Interview mit dem Kölner "Domradio" am Montag. Als Beispiel nannte er die Wandlung. Seiner Ansicht nach funktioniere das Zeichen des Mahles – "so wie es in der Eucharistiefeier vor Ort gefeiert wird – über das Internet nicht mehr." In der Eucharistiefeier werden ein Brot genommen, gebrochen und unter allen Verteilt, um die Einheit in Christus zu verdeutlichen. "Und was machen wir, wenn wir zu Hause Brot und Wein vor den Monitor stellen? Jeder bringt das, was er selber zu Hause hat und isst auch sein Eigenes", so Saberschinsky.

Online-Gottesdienste böten dagegen andere Möglichkeiten für Zeichen, um Gemeinschaft zu übermitteln. Beispielsweise könnten im Vorfeld alle Interessierten die gleiche Kerze zugeschickt bekommen, die dann im Gottesdienst gemeinsam angezündet wird. Oder über eine Chat-Funktion könnten Gebetsanliegen der Gottesdienstteilnehmer übermittelt und im Gottesdienst eingeblendet werden. "Also hier werden sogar über das Internet auf einmal Dinge möglich, die in so einem Kirchenraum gar nicht möglich sind", sagte Saberschinsky. "Und das Schöne ist, da kommen die Knackpunkte von Liturgie zu tragen, zum Beispiel Communio, Gemeinschaft."

In Gemeinden Nähe wichtiger als professionelle Übertragung

Für eine einzelne Gemeinde sei eine hochprofessionelle Übertragung von Online-Gottesdiensten kaum möglich, so der Liturgiewissenschaftler. Die Nähe zu bekannten Personen sei dagegen viel wichtiger. "Ich sehe meinen Pfarrer und fühle mich mit ihm verbunden", sagt der Liturgiewissenschaftler. Sobald man allerdings Menschen über die Gemeinde hinaus erreichen wolle, die man nicht mehr persönlich kenne, müsse auch die Übertragung professioneller werden. "Denn wenn wir dann hinter den Sehgewohnheiten der Menschen zurückbleiben, dann kommt das schlichtweg dilettantisch rüber."

Die körperliche Präsenz sei in Online-Gottesdiensten nicht gegeben. "Und das ist doch eigentlich die Stärke gerade unserer katholischen Liturgie, dass sie so konkret wird, dass sie so sinnlich ist, dass sie den Menschen mit seiner Leiblichkeit ernst nimmt." Es sei wichtig, sich als Gemeinschaft, die den Leib Christi bilde, auch mit allen Sinnen zu erleben. Präsenzgottesdienst seien daher nach wie vor unverzichtbar – neben Online-Formaten. "Es wäre toll, wenn wir diese pastorale Chance dieser neu gewachsenen Online-Gottesdienste zusätzlich nutzen würden. Vielleicht sogar beides zusammen." (cbr)