Studie belastet Ex-Generalvikar

Kaspar, von September 2009 bis Ende Oktober 2013 Generalvikar des kürzlich zurückgetretenen Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst , stand von 1970 bis 2006 an der Spitze des Vincenzstifts.
Telefonhotline für Opfer
Gewalt- und Missbrauchsvorfälle in der Zeit von 1945 bis 1970 hatte bereits eine im vergangenen September von dem Stift veröffentlichte Studie belegt. Damals wurden von ehemaligen Heimkindern Vorwürfe geäußert, welche die Zeit nach 1970 betrafen. Dies nahm das Vincenzstift zum Anlass, eine telefonische Erhebung unter Leitung der Professorin an der Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege der Hochschule Ravensburg-Weingarten, Annerose Siebert, durchzuführen.

Aschermittwoch 2012 im Limburger Dom: Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst erhält das Aschekreuz von Generalvikar Franz Josef Kaspar.
Laut Vincenzstift waren Personen, die nach 1970 dort oder in der Jugendhilfe Marienhausen "Vorfälle im Zusammenhang mit Gewalt in jeglicher Form" erlebt hätten oder solche Vorfälle hätten beobachten können, gebeten, sich telefonisch zu melden. Vom 28. Oktober vergangenen Jahres an war hierzu über drei Monate eine außerhalb des Stifts angesiedelte Hotline geschaltet. Anrufer hatten die Möglichkeit, auch anonym zu berichten.
Körperliche, sexualisierte und psychische Gewalt
Insgesamt meldeten sich sieben Anruferinnen und Anrufer, darunter vier ehemalige Heimbewohner, Angehörige und eine ehemalige Mitarbeiterin. Sie berichteten über körperliche, sexualisierte und psychische Gewalt. Insgesamt lasse sich auf ein höheres Gewaltaufkommen zu Beginn der 1970er Jahre schließen, so Siebert. Für die Zeit bis Anfang der 1980er Jahre seien gravierende Vorkommnisse genannt worden. Auf Informationen über derartige Vorfälle habe Kaspar nach Ansicht der Anruferinnen und Anrufer nicht angemessen reagiert, sagte Siebert.
Im Bericht über die Telefonhotline heißt es, es gehe den Anruferinnen und Anrufern um die Anerkennung dessen, was geschehen sei, und um ein mitfühlendes "Es tut mir leid" der damaligen Verantwortlichen, namentlich des ehemaligen Stiftungsdirektors. Der Geschäftsführer der Sankt Vincenzstift gGmbH, Caspar Sölling, sagte, man sei "traurig mit jedem, der sich gemeldet habe". Was damals geschehen sei, dürfe nie wieder passieren. Zu Franz Kaspar selbst wollte sich Sölling nicht äußern.
Buch "Prügel vom lieben Gott"
In der Studie zu Gewalt- und Missbrauchsvorfällen im Vincenzstift in der Zeit von 1945 bis 1970 war insbesondere Kaspars Vorgänger als Stiftungsdirektor, Rudolf Müller, als einer der Täter stark belastet worden. Der Geistliche hatte das Heim von 1958 bis zu seinem Suizid im Jahr 1970 geführt. Über diese Zeit hatte der ehemalige Heiminsasse Alexander Markus Homes 1981 das autobiografische Buch "Prügel vom lieben Gott" geschrieben. Dagegen sei Kaspar juristisch vorgegangen und habe die Verbreitung als Dokumentation durch eine einstweilige Verfügung verhindert, berichtet die "Zeit". Ein Strafverfahren gegen Homes wegen übler Nachrede sei damals eingestellt worden; allerdings habe das Buch nur mit dem Zusatz "literarisch verfremdet" erscheinen dürfen.
Weiter berichtete die "Zeit" , dass Kaspar seit Mitte der neunziger Jahre Geld aus einem Fonds für das Behindertenheim benutzt habe, um Kunstkäufe zu tätigen. Einige angekaufte Objekte soll er demnach in seiner privaten Wohnung aufgestellt haben. Das Vincenzstift gehört seit 2010 zu der in Köln ansässigen Josefs-Gesellschaft. Aufsichtsratsvorsitzender dieses Trägers von bundesweit mehreren Einrichtungen für behinderte Menschen war über viele Jahre bis zu seinem kürzlich erfolgten Rücktritt ebenfalls Franz Kaspar. Seit 1991 betreibt das Vincenzstift das Jugendheim Marienhausen, vormals geleitet von den Salesianern Don Boscos. (mit Material von KNA)
Von Agathe Lukassek