Friedensbewegung sieht durch Zeremoniell religiöse Gefühle verletzt

Nach Pax-Christi-Kritik: Ministerium verteidigt Großen Zapfenstreich

Veröffentlicht am 24.08.2021 um 09:46 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Mit scharfen Worten hatte Pax Christi jüngst eine Abschaffung des Großen Zapfenstreichs bei der Bundeswehr gefordert. Jetzt äußern sich das Verteidigungsministerium und die Militärseelsorge zu der Forderung der Friedensbewegung.

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Das Verteidigungsministerium hat die Forderung der katholischen Friedensbewegung Pax Christi nach einer Abschaffung des Großen Zapfenstreichs indirekt zurückgewiesen. Zwar wollte sich ein Sprecher des Ministeriums am Dienstag nicht direkt zu der Forderung der Organisation äußern. Auf Anfrage von katholisch.de betonte er jedoch die Bedeutung des Zeremoniells für die Traditionspflege der Bundeswehr. "Tradition braucht Symbole, Zeichen und Zeremonielle. Sie prägen das Bild der Bundeswehr in Staat und Gesellschaft", so der Sprecher wörtlich. Als Überlieferung auf vornehmlich emotionaler Ebene könnten sie auf das Traditionserbe der Bundeswehr verweisen und dazu beitragen, es zu bewahren.

Pax Christi hatte in der vergangenen Woche eine Absage des zunächst für 31. August in Berlin geplanten Großen Zapfenstreichs zum Ende des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr sowie eine generelle Abschaffung der Zeremonie gefordert. Diese sei gewaltverharmlosend und instrumentalisiere die christliche Glaubensbotschaft, schrieben 196 Einzelpersonen und 24 Friedensorganisationen in einem gemeinsamen Appell an Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU).

"Nicht hinnehmbare Verletzung religiöser Gefühle"

Darin kritisierten die Unterzeichner, dass beim Großen Zapfenstreich der Choral "Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart" intoniert wird. Zugleich würden die Gewehre der Soldatinnen und Soldaten präsentiert. Dies sei eine nicht hinnehmbare Verletzung religiöser Gefühle und eine Instrumentalisierung der christlichen Religion für militärische Zwecke. Christen nähmen sich die Gewaltlosigkeit Jesu zum Vorbild ihres Handelns. "Der weltanschaulich neutrale Staat darf religiöse Riten und Symbole niemals für seine Zwecke instrumentalisieren, insbesondere nicht für die Rechtfertigung von Krieg und militärischer Gewalt", hieß es in dem Appell.

Bild: ©picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka (Archivbild)

Soldaten bei einem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr.

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums verwies am Dienstag mit Blick auf die Kritik darauf, dass der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck die Einladung zum Großen Zapfenstreich zum Ende des Afghanistan-Einsatzes bereits angenommen habe, auch wenn dieser aufgrund der aktuellen Lage am Hindukusch nun zunächst verschoben worden sei. "Von einer repräsentativen Kritik an dem Zeremoniell und dem Gebet kann also keine Rede sein", so der Sprecher weiter.

Der Große Zapfenstreich sei in Deutschland seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt und als eine besondere und feierliche Abendzeremonie der Streitkräfte geschätzt. Bei dem Zeremoniell hätten sich zwei Überlieferungen des Truppenlebens im Felde bis heute erhalten: der Brauch des Zapfenstreichsignals und die Sitte, Gelegenheit zum Abendgebet über alle Konfessionen hinweg zu geben. "Das 'Gebet' ist ein Bestandteil des Großen Zapfenstreichs, das als symbolische Gelegenheit zur Andacht über alle Konfessionsgrenzen hinweg und Aufforderung zu Frieden und Toleranz dient", erklärte der Sprecher angesichts der Kritik der Friedensorganisationen.

Militärseelsorge: Es gibt auch andere Meinungen zum Zapfenstreich

Das Katholische Militärbischofsamt wollte sich am Dienstag ebenfalls nicht direkt zu der Forderung nach einer Abschaffung des Großen Zapfenstreichs äußern. Ein Sprecher betonte lediglich, dass die katholische Militärseelsorge als Kirche für die Soldatinnen und Soldaten sowie ihre Angehörigen einstehe. "Dazu gehören auch die Auseinandersetzung mit vielfältigen Meinungen und die konstruktive Konfliktkultur. Pax Christi wird sich eine derartige Forderung nach ihren Leitlinien wohlüberlegt haben, um damit in die Öffentlichkeit zu gehen", so der Sprecher. Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, aber auch Politikerinnen und Politiker, Vertreter von Interessengruppen sowie Angehörige von Soldaten und eine in der Regel große Öffentlichkeit zeigten durch ihre Anwesenheit beim Großen Zapfenstreich jedoch, dass es mit Blick auf das Zeremoniell auch andere Meinungen gebe.

Im Zusammenhang mit dem "Gebet" betonte der Sprecher die Bedeutung des Zapfenstreichs als höchstes militärisches Zeremoniell. Durch die Einbindung des Chorals "Ich bete an die Macht der Liebe" werde die Verbindung zwischen weltlicher und geistlicher Anforderung an die Soldaten und die Besinnung auf die Konsequenz des Soldatenberufs deutlich. (stz)