Glocken läuten für den Frieden – aber nicht wie dort angekündigt

Frei erfunden: WhatsApp-Kettenbrief zum Glockenläuten für die Ukraine

Veröffentlicht am 03.03.2022 um 11:43 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ In WhatsApp-Gruppen verbreitet sich ein Kettenbrief zu einer angeblichen Solidaritätsaktion für die Ukraine: Das entspricht so aber nicht der Wahrheit. "Heute um 20 Uhr" kann man nicht mit besonderem Geläut rechnen – aber zu einem anderen Zeitpunkt.

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Es gibt in der Kirche zur Zeit zwar viele Gebetsaufrufe und Solidariätsaktionen mit der Ukraine – eine Ankündigung zum solidarischen Glockenläuten, die über WhatsApp-Kettenbriefe verbreitet wird, trifft aber nicht zu. Mindestens seit Mittwoch werden über den Messenger-Dienst Nachrichten verschickt, in denen es in verschiedenen Fassungen, aber immer ohne Datum heißt, dass "heute Abend um 20 Uhr" die Kirchenglocken läuten würden. Zu diesem Zeitpunkt solle man auch das Licht ausschalten, um "Putin zu zeigen, dass wir lieber im Dunkeln sitzen als sein Gas und Öl zu kaufen". Die Aktion soll in Europa zeitgleich von London bis Kiew stattfinden. Die Nachricht endet mit der Aufforderung, sie weiterzuschicken. Auch der auf die Recherche zu Falschmeldungen und Desinformation spezialisierte Fachdienst "Mimikama" konnte die Nachricht weder verifizieren noch den Ursprung ausmachen.

Abseits dieser Nachricht gibt es keine Ankündigungen der angeblichen Solidaritätsaktion. Woher der WhatsApp-Kettenbrief stammt und ob es sich möglicherweise um eine fehlerhaft weitergegebene Information statt einer freien Erfindung handelt, ist nicht bekannt. Gegen eine kirchliche Quelle spricht der mit der Nachricht verbundene Aufruf einer Kommentierung der russischen Energiepolitik. Glockenläuten als Zeichen des Friedens ist zwar üblich, kirchliche Glocken- und Läuteordnungen schließen jedoch in der Regel Glockenläuten zur politischen Meinungsäußerung aus.

Auch wenn die über WhatsApp verbreitete Aktion nicht stattfindet, werden Kirchenglocken aus Solidarität mit der Ukraine läuten, allerdings nicht abends um 20 Uhr, sondern am Donnerstag um 12 Uhr. Am Mittwoch hatte die Europäische Vereinigung der Dombaumeister, Münsterbaumeister und Hüttenmeister eine entsprechende Aktion mitgeteilt. Insgesamt sieben Minuten lang sollen die Glocken läuten. In Deutschland wollen sich der Essener Dom, der Mainzer Dom und der Würzburger Kiliansdom an der Aktion beteiligen. "Mit diesem Läuten erklären wir uns solidarisch mit den Menschen, die diesen Krieg aushalten und um ihr Leben bangen müssen, die den Widerstand gegen eine Übermacht organisieren müssen, die vor dem Krieg fliehen müssen, die den Mut haben, gegen die Kriegstreiber in ihrem Land zu protestieren und die in den Ländern leben, die unmittelbar von diesem Krieg betroffen sind", so die Vereinigung. (fxn)