Opfer-Vereinigung lehnt Kooperation bei unabhängiger Studie in Spanien ab

Wegen Opus-Dei-Anwalt: Missbrauchsbetroffene verweigern Mitarbeit

Veröffentlicht am 24.03.2022 um 13:40 Uhr – Lesedauer: 

Madrid ‐ Vor einem Monat haben sich die spanischen Bischöfe zu einer unabhängigen Missbrauchsstudie durchgerungen. Nun haben die Betroffenen ihre Mitarbeit an dem Gutachten verweigert: Sie halten die beauftragten Rechtsanwälte für befangen.

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Die Vereinigung spanischer Missbrauchsbetroffener "Infancia Robada" ("Gestohlene Kindheit") hat die Zusammenarbeit mit der Spanischen Bischofskonferenz bei der geplanten unabhängigen Missbrauchsstudie abgelehnt. Als Begründung führte eine Sprecherin des Netzwerks, Ana Cristina Cuevas, die Mitgliedschaft des Gründers und Vorsitzenden der beauftragten Anwaltskanzlei im Opus Dei an, berichteten spanische Medien am Mittwoch. Es würden deshalb "sich entgegenstehende Interessen" bei dem Rechtsanwalt existieren. "Wir vertrauen dieser Kanzlei nicht, sie ist in unserem Fall kein nützlicher Mediator", so Cuevas, deren Sohn in einer Schule des Opus Dei in Bilbao sexuellen Missbrauch erlitt.

Vor ihrer Ankündigung hatten sich mehr als ein Dutzend Vertreter der Opfervereinigung mehrere Stunden mit dem Vorsitzenden der Spanischen Bischofskonferenz, Kardinal Juan José Omella, in Madrid getroffen. Cuevas warb nach eigenen Angaben bei dem Treffen dafür, dass die Kirche ehrlich mit der staatlichen Expertenkommission zur unabhängigen Untersuchung der kirchlichen Missbrauchsfälle kooperiere. Die Einrichtung eines solchen Gremiums hatte das spanische Parlament vor zwei Wochen beschlossen. Damals hatte Omella die Bereitschaft der Kooperation seitens der Kirche in Aussicht gestellt. Im Gespräch mit den Missbrauchsbetroffenen habe der Kardinal jedoch keine festen Zusagen gemacht, so Cuevas. Er habe jedoch versprochen, eine Zusammenarbeit in Betracht zu ziehen und mit Papst Franziskus abzustimmen.

"Entschuldigung ohne Ausflüchte" von Kirche gefordert

Auf persönlicher Ebene sei das Treffen mit Omella gut verlaufen, sagte Cuevas. "Ich bin sicher, dass der Kardinal bereit ist, das alles zu verändern." Omella habe sich "nah und empathisch" gezeigt, die Betroffenen hätten sich gehört gefühlt. Man hoffe auf eine Annährung zwischen Missbrauchsbetroffenen und Bischofskonferenz, die vorher nicht möglich gewesen sei. Cuevas wiederholte die Forderungen der Vereinigung nach einer "Entschuldigung ohne Ausflüchte" seitens der Kirche, einer Bestrafung der Täter und Entschädigungszahlungen, die auch langjährige Berufsunfähigkeiten der Opfer berücksichtigten. "Infancia Robada" gilt als eine der größten Betroffenenorganisationen in Spanien und vertritt Medienangaben zufolge bis zu 80 Missbrauchsopfer.

Die spanischen Bischöfe hatten im Februar eine unabhängige Untersuchung der kirchlichen Missbrauchsfälle des Landes durch eine Anwaltskanzlei angekündigt. Als Vorbild dafür soll die Missbrauchsstudie der Münchener Anwälte der Kanzlei Westphal Spilker Wastl dienen, die ihre spanischen Kollegen bei der Arbeit beraten sollen. Zuvor hatten die Bischöfe eine Missbrauchsstudie abgelehnt. Der gesellschaftliche Druck nahm jedoch zu, als die Zeitung "El País" die Ergebnisse einer Recherche zu Missbrauch in der Kirche veröffentlichte und diese im Dezember auch Papst Franziskus übergab. Die Journalisten gehen demnach von über 1.200 Opfern in den vergangenen Jahrzehnten seit 1943 aus. (rom)