Familienbischof Heiner Koch stellt "Zehn gute Gründe für die Ehe" vor

Trauen Sie sich!

Veröffentlicht am 10.10.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bischof Heiner Koch vor der Dresdner Hofkirche.
Bild: © KNA
Ehe und Familie

Bonn ‐ Nicht nur auf der Bischofssynode im Vatikan, sondern auch in Deutschland machen sich die Bischöfe über das Thema Familie Gedanken. Mit ihrem neuen Flyer "Trauen Sie sich! Zehn gute Gründe für die Ehe" will die Deutschen Bischofskonferenz einen Eindruck davon vermitteln, welche Tragweite und Tragkraft dieser Bund fürs Leben hat. Familienbischof Heiner Koch erklärt im Interview mit katholisch.de, was es mit dem Flyer auf sich hat.

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Frage: Herr Bischof Koch, die zehn Gründe für die Ehe sollen ein "Denkanstoß" sein. Warum ist dieser Denkanstoß nötig?

Koch: Mit dem Begriff "Ehe" werden in unserer Gesellschaft inzwischen unterschiedlichste Inhalte und Lebensformen verbunden, die nicht immer deckungsgleich sind. In dieser Situation ist es wichtig, dass wir das katholische Verständnis der Ehe positiv formulieren und ins Gespräch bringen. Dabei kann ein solcher Flyer keine umfassende Schrift zu diesem Thema sein. Vielmehr wollten wir prägnante Denkanstöße geben, die anregen, über diese Lebenswirklichkeit und das katholische Verständnis nachzudenken und sich mit ihm auseinanderzusetzen.

Frage: Wie sind diese Thesen entstanden?

Koch: Anstoß für unsere Überlegungen war, dass gerade auch in der katholischen Kirche derzeit manchmal mehr über das Scheitern als über das Gelingen der Ehe gesprochen wird und wir deshalb einen positiven Akzent setzen wollten. Zum anderen fällt auf, wie selten dieses Thema im Religionsunterricht, in der Jugendarbeit und in der Erwachsenenbildung besprochen wird. Hier sollen die "Zehn guten Gründe für die Ehe" eine Gesprächshilfe anbieten. Wir haben in der Kommission Ehe und Familie über diese Thesen beraten, wir haben mit Ehepaaren und Familien, mit Eheberaterinnen und -beratern, mit Theologen, Soziologen und Journalisten gesprochen und gearbeitet. Schließlich haben wir unseren Entwurf dem Ständigen Rat der Bischofskonferenz vorgelegt und dessen Anregungen eingearbeitet. Wir haben dann auch bewusst entschieden, auf welche Erörterungspunkte wir um der Knappheit des Flyers willen nicht näher eingehen.

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Video: © katholisch.de

Familienbischof Heiner Koch über aktuelle Herausforderungen in der Familienpastoral.

Frage: Wen wollen Sie mit dem Flyer erreichen?

Koch: Er soll Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche ansprechen. Es wäre gut, wenn er auch in den Medien aufgegriffen würde und wir zum Gespräch über diese Denkanstöße eingeladen würden. Wenn wir helfen, dass das positive katholische Profil von Ehe und Familie zum Thema wird, hat dieser Flyer sein Ziel erreicht.

Frage: Viele Menschen leben heute dauerhaft zusammen, ohne verheiratet zu sein. Warum ist das Sakrament der Ehe der Kirche so wichtig?

Koch: Im Sakrament der Ehe geht es nicht nur um eine soziologische Wirklichkeit. Vielmehr hat das Sakrament der Ehe teil am Evangelium, es ist Verheißung und Frohe Botschaft Christi. Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Segen Gottes. Dabei wird das Ehepaar auch in die Pflicht genommen: Mann und Frau werden in der Ehe, so sagt es Paulus im Epheserbrief, ein Leib. Sie gehören damit aber auch zum Leib Christi, gehören untrennbar zu Christus, der sie in der Trauung in seinen Leib hineinnimmt. Sie sind so Leib Christi nicht nur für ihre Familie, sondern für die Gesellschaft und die Welt. In ihnen kommt Gott den Menschen nahe. Sie sind also nicht nur Objekt des Gesegnetwerdens, sondern sie werden in der sakramentalen Ehe Subjekt der Heilsvermittlung Christi, sie werden aktiv in das Heilsgeschehen hineingenommen. Damit ist Ehe und Familie auch Kirche. Als solche hat sie Anteil an der Sendung der Kirche. Sie ist auch der grundlegende Ort, Kinder zum Glauben zu führen. Sie ist die primäre Gemeinschaft der Verkündigung des Evangeliums in die Welt hinein. Damit sind eine hohe Verheißung und ein hoher Anspruch mit dem Sakrament der Ehe verbunden.

Frage: Der Flyer spielt mit der Doppeldeutigkeit des Wortes "trauen". Haben Menschen heute mehr Angst vor der Ehe als früher?

Koch: Sicherlich war die Ehe für viele Menschen früher selbstverständlicher. Heute muss keiner mehr heiraten, wenn er mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenleben will. Als ich Studentenpfarrer war, kamen immer wieder junge Paare zu mir und fragten mich: "Warum sollen wir heiraten und warum sollen wir kirchlich heiraten?" Ich glaube nicht, dass hinter solchen Fragen eine Angst vor Bindung steht, vielmehr die Unklarheit, was eine solche Eheschließung überhaupt soll. Ist die Ehe nicht nur eine Privatangelegenheit? Hier gibt es offensichtlich einen starken Erklärungs- und Deutungsbedarf. Zum anderen stimmt es natürlich, dass junge Menschen den Mut zur Ehe verlieren, wenn sie sehen, dass die Ehe ihrer Eltern zerbrochen ist oder dass oftmals sehr schnell die Ehen ihrer Freundinnen und Freunde auseinandergehen. Das ermutigt nicht. Umso wichtiger ist es, dass wir uns gerade in der Kirche überlegen, wie wir Ehepaare zum Bleiben bewegen können, zum gemeinsamen Wachsen, auch zum Aushalten, wie wir das gegenseitige Vertrauen und das Vertrauen auf Gott in ihnen stärken können. Dazu ist es auch wichtig, dass Paare und Familien nicht für sich isoliert leben, sondern in der Familie der Kirche eine Heimat und Stütze finden, gerade auch im Austausch mit anderen Paaren und Familien und mit anderen Generationen.

Frage: Die zehnte These lautet "Gott ist auch bei denen, die Fehler machen". Was bedeutet das mit Blick auf die "wiederverheirateten Geschiedenen"?

Koch: Das Ja, das Christus bei der sakramentalen Eheschließung dem Paar gegeben hat, bleibt bestehen. Gott zieht sich nicht zurück, auch wenn wir Menschen Fehler machen, an unserer Liebe scheitern oder auseinandergehen. Weder fallen Geschiedene aus der Liebe Gottes noch wiederverheiratet Geschiedene, auch nicht die Leidtragenden solcher Scheidungen: verletzte Kinder, die Wunden durch die Trennung ihrer Eltern oft ein Leben lang mittragen, und Zurückgelassene, die oft nicht mehr die Kraft zu einer neuen Beziehung finden. Gottes Liebe bleibt bei uns allen!

Frage: Im Vatikan wird aktuell und 2015 über das Thema Ehe und Familie diskutiert. Warum haben Sie die Ergebnisse nicht abgewartet und in Ihre Thesen einfließen lassen?

Koch: Ich bin sicher, dass keine Aussage des Flyers in der aktuellen Synode oder durch die Synode 2015 in Frage gestellt wird. Vielmehr wollten wir gerade zwischen den beiden Synoden einen Gesprächsprozess über Ehe und Familie fördern. Papst Franziskus legt Wert auf das Erkenntniswachstum in solchen Gesprächen. Diesen Wunsch wollen wir unterstützen. Wir deutschen Bischöfe planen außerdem, nach der Synode 2015 mit den Überlegungen der Synoden und mit den Weisungen, die Papst Franziskus uns dann geben wird, ein Wort über Ehe und Familie für unsere Kirche und für unsere Gesellschaft zu schreiben, das theologisch, spirituell und gesellschaftlich-politisch Impulse im Sinne der Synoden ins Gespräch bringen will.

Das Interview führte Björn Odendahl